VW-Dieselskandal / Dieselgate 2.0: EA288-Manipulation bei Tochtermarke Seat
Die Volkswagen AG muss einen Seat vom Typ Alhambra 2.0 TDI zurücknehmen und dafür Schadenersatz in Höhe von 24.655,49 Euro nebst Zinsen zahlen. Der Hintergrund: Auf dem Rollenprüfstand spielt die eingebaute Software beim Stickstoff-Ausstoß ein anderes Motorprogramm ab als im Normalbetrieb.
Dieselgate 2.0 und kein Ende für die Volkswagen AG! Trotz der Versicherung im Rahmen einer Werbekampagne, dass Klagen gegen die Abgasmanipulationen an EA288-Fahrzeugen nicht erfolgversprechend seien, kassiert die Volkswagen AG auch im Dieselgate 2.0 laufend Verurteilungen wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Jetzt hat das Landgericht Kleve den Autobauer verurteilt (Urteil vom 28.05.2021, Az.: 3 O 492/20) gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke Seat vom Typ Alhambra 2.0 TDI an die geschädigte Verbraucherin Schadenersatz in Höhe von 24.655,49 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27. Oktober 2020 zu zahlen, sie von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.358,86 Euro freizustellen und 90 Prozent der Kosten des Rechtsstreits zu übernehmen. Der Kilometerstand zum Zeitpunkt der Klageerhebung betrug 78.183 Kilometer, zum Zeitpunkt des Vortages der letzten mündlichen Verhandlung 82.692 Kilometer.
„Der Tatbestand wird deutlich formuliert. In dem Fahrzeug ist ein von der Beklagten entwickelter und hergestellter EA288-Dieselmotor eingebaut. Dessen Steuerungssoftware erkennt, ob sich das Kfz auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte oder im üblichen Straßenverkehr befindet. Auf dem Rollenprüfstand spielt die eingebaute Software beim Stickstoff-Ausstoß ein anderes Motorprogramm ab als im Normalbetrieb und veränderte das reguläre Betriebsverhalten des Motors dahingehend, dass während des Testvorgangs im sogenannten Neuen Europäischen Fahrzyklus NEFZ nach Erreichen der für die optimale Funktionsfähigkeit des SCR erforderlichen Betriebstemperatur von 200 Grad Celsius eine bis dahin hohe Abgasrückführungsrate weiter parallel bestehen bleibt“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
Die Volkswagen AG behauptet, dass das Beibehalten der hohen Abgasrückführungsrate sich in den meisten Konzepten lediglich im allerletzten Teil des Zyklus auswirke, da nur dort die Betriebstemperatur des SCR erreicht werde. In Konzepten, in denen die Betriebstemperatur gar nicht erreicht werde, habe die Zykluserkennung keine Auswirkungen. In den anderen Fällen sei sie jedenfalls nicht relevant für das Einhalten der gesetzlich vorgeschriebenen Emissionsgrenzwerte. SCR steht für selektive katalytische Reduktion bezeichnet eine Technik zur Reduktion von Stickoxiden in Abgasen unter anderem von Verbrennungsmotoren.
„Dies ließ das Landgericht Kleve nicht gelten. Es stellt heraus, dass die Volkswagen AG in den Motor des gegenständlichen Fahrzeugs eine Software eingebaut habe, welche den Testzyklus des NEFZ erkannt haben und dazu geführt habe, dass die Abgasrückführungsrate auch nach Erreichen der Betriebstemperatur des SCR-Katalysators von 200 Grad Celsius unverändert hochgehalten worden sei. Im normalen Straßenbetrieb sei dieser Gleichlauf zwischen Abgasrückführung und -nachbehandlung hingegen nicht erfolgt. Die Beklagte habe die Klägerin dadurch vorsätzlich sittenwidrig geschädigt, dass sie das Fahrzeug unter bewusstem Verschweigen einer Programmierung, welche als unzulässige Abschalteinrichtung zu qualifizieren ist, in den Verkehr gebracht hat“, sagt Anwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Der Volkswagen AG gingen daher mehr und mehr die Argumente aus, sich aus der Verantwortung im Dieselgate 2.0 herauszureden. Das neuerliche Urteil zeige daher, dass das VW-Dieselgate 2.0 noch am Anfang steht, während Dieselgate 1.0 zusätzlich auch noch lange nicht erledigt ist. Mehr und mehr Gerichte verurteilen die Volkswagen AG für die Manipulationen am vermeintlich sauberen EA288 wegen der vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB und sprechen den Geschädigten hohe Schadensersatzzahlungen zu. Dr. Hartung: „Der Weg zu einer wirtschaftlich guten Lösung für Dieselfahrer im Dieselgate 2.0 führt also nur über die Gerichte!“