Audi-Abgasskandal könnte sich ausweiten – OLG Karlsruhe möchte Gutachten zu Motoren EA 896 und EA 897 einholen
3-Liter-Dieselmotoren Fokus
Der Audi-Abgasskandal könnte sich massiv ausweiten. Das OLG Karlsruhe hat mit Hinweisbeschlüssen vom 22. August 2019 die Einholung eines Sachverständigengutachten zu 3-Liter-Diesemotoren des Typs EA 897 und EA 896 mit der Abgasnorm Euro 5 angekündigt.
Konkret geht es um die Klagen zweier Audi-Käufer. Die Kläger hatten einen Audi Q5 V6 3,0 Liter TDI bzw. Audi A4 3,0 Liter TDI mit der Abgasnorm Euro 5 erworben. Sie sind der Auffassung, dass in der Motorsteuerung eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines sog. Thermofensters verwendet wird. Dadurch arbeite die Abgasreinigung in bestimmten Temperaturbereichen nur reduziert, was zu einem erhöhten Schadstoffausstoß führt.
Ein verpflichtender Rückruf für Modelle aus dem Audi-Konzern, die mit den strittigen Dieselmotoren des Typs EA 896 und EA 897 ausgerüstet sind, liegt nicht vor. Allerdings bietet Audi seit Sommer 2016 ein Software-Update für diese Fahrzeuge an.
Das OLG Karlsruhe hat nun in beiden Fällen angekündigt, dass ein Sachverständigengutachten eingeholt werden muss, um zu klären, ob Audi in den Modellen eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet hat.
Das OLG Karlsruhe wies darauf hin, dass die Untersuchungskommission „Volkswagen“ des Bundesverkehrsministeriums bei Tests festgestellt hat, dass der Ausstoß von Stickoxiden bei diesem Motor im Straßenverkehr um mehr als das Sechsfache erhöht ist. Die Kommission hatte zudem Zweifel an der Zulässigkeit des verwendeten Thermofensters geäußert, führte das OLG weiter aus.
Das OLG Karlsruhe geht daher von einer Abschalteinrichtung in Form eines sog. Thermofensters aus. Ob dieses aus Motorschutzgründen ausnahmeweise zulässig sei, müsse Volkswagen beweisen und darlegen, in welchen Temperaturbereichen konkret die Abgasreinigung reduziert wird. Sollte sich am Ende herausstellen, dass Audi die Motoren mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet hat, kann das auch zur Haftung des Konzerns führen.
„Der Ball liegt nun bei Audi. Der Autohersteller muss beweisen, dass die verwendeten Thermofenster ausnahmsweise zulässig sind, um den Motor vor Schäden zu schützen. Dass dieser Nachweis gelingt, ist eher unwahrscheinlich, da auch andere technische Lösungen möglich gewesen wären. Das bedeutet, dass sich der Abgasskandal erheblich ausweiten könnte und Käufer von Fahrzeugen mit 3-Liter-Motoren der Abgasnorm Euro 5 Schadensersatzansprüche geltend machen können“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.