Schadensersatz ohne Nutzungsersatz im Abgasskandal
VW zieht Berufung zurück
Bereits im April 2019 hatte das Landgericht Potsdam entschieden, dass VW im Abgasskandal Schadensersatz leisten muss und zudem keinen Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung hat (Az.: 6 O 38/18). Wenig überraschend hatte VW gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Überraschend hat VW diese Berufung vor dem OLG Brandenburg nun aber zurückgezogen (Az.: 3 U 61/19). Damit ist das Urteil rechtskräftig. Der Kläger kann seinen VW Passat jetzt zurückgeben und erhält den vollen Kaufpreis ohne Abzug einer Nutzungsentschädigung zurück.
„Das ist ein weiterer Meilenstein im Abgasskandal. Neben dem LG Potsdam haben zwar auch schon andere Gerichte entschieden, dass VW keinen Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung hat. Nachdem VW die Berufung zurückgezogen hat, liegt nun aber das erste rechtskräftige Urteil vor, das dem Käufer die Erstattung des vollen Kaufpreises ohne Abzug einer Nutzungsentschädigung zuspricht“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Vor dem Landgericht Potsdam ging es um die Schadensersatzklage eines Käufers, der im Mai 2014 einen VW Passat 2.0 TDI Blue Motion erworben hatte. Wie sich später zeigte, war das Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen. Der Kläger machte daher Schadensersatzansprüche geltend und hatte Erfolg. Das LG Potsdam entschied, dass er gegen Rückgabe des Fahrzeugs die Erstattung des Kaufpreises verlangen könne. Eine Nutzugsentschädigung für die gefahrenen Kilometer müsse er sich nicht anrechnen lassen.
VW legte Berufung gegen das Urteil ein. In einem Gütetermin im Dezember 2019 hatte das OLG Brandenburg offenbar angezweifelt, dass VW Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung habe. VW zog darauf hin die Berufung zurück. Dieser Schritt sei aus rein wirtschaftlichen Überlegungen erfolgt, erklärte ein VW-Sprecher gegenüber Focus online. Das Urteil des LG Potsdam halte VW nach wie vor für falsch.
„VW wollte offenbar ein Urteil durch das OLG Brandenburg vermeiden. Denn inzwischen entscheiden immer mehr Gerichte, dass VW im Abgasskandal keinen Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung habe, weil der Autohersteller als Schädiger dadurch unbillig entlastet werde“, so Rechtsanwalt Dr. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal. Das OLG Hamburg hat in einem Hinweisbeschluss kürzlich angeregt, dass VW zumindest nicht für den ganzen Zeitraum einen Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung habe. Sobald der Käufer seine Rechte auf Rückabwicklung geltend macht, bestehe dieser Anspruch nicht mehr.
Der BGH verhandelt am 5. Mai einen Fall zum Abgasskandal. Dann kommt es vermutlich auch zu einer höchstrichterlichen Entscheidung bei der Frage der Nutzungsentschädigung.