Abgasskandal - Schadensersatz beim VW Amarok trotz Software-Update
LG Frankfurt 2-3 O 104/17
Dass es einen Schadensersatzanspruch gibt, wenn unter der Haube eines Volkswagens oder einer der Töchter des VW-Konzerns ein EA189-Motor läuft, ist bereits durch mehrere Urteile festgestellt worden. Das Landgericht Frankfurt geht unter dem Aktenzeichen 2-3 O 104/17 einen deutlichen Schritt weiter. Es hat dem Besitzer eines VW Amarok Schadensersatz zugesprochen, obwohl dieser mit seinem 2013 gekauften Fahrzeug bereits 2016 an der Rückrufaktion teilgenommen hatte. VW hatte sich anschließend auf den Standpunkt gestellt, dass durch das Software-Update der angebliche Mangel behoben sei und es keine weiteren Ansprüche auf Schadensersatz oder sogar Rückgabe des Fahrzeugs gebe
Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung, Herausgeber des Portals www-pkw-rueckgabe.de: „Dieses Urteil stellt fest, dass eine Rückrufaktion keine Mängelbeseitigung darstellt, oder zumindest nicht alle Bedenken ausräumt, die sich aus der illegal verwendeten Software ergeben können.“ Was bleibt ist ein Betrugsversuch seitens der Volkswagen AG gegenüber dem Amarok-Fahrer nach § 823 BGB. Der Kläger begründete dies mit dem Vorliegen einer Betriebsgenehmigung, die im Wissen um die Manipulationen an der Abgassoftware so nicht erteilt worden wäre. Hartung: „Hier wurde ein PKW gekauft im Vertrauen darauf, dass eine gültige Genehmigung vorliegt.“
Interessant auch, wie das LG Frankfurt die unterlassenen Darlegungspflichten des Volkswagenkonzerns definiert. Da das Unternehmen die Untersuchungsergebnisse mit Hinweis auf das andauernde Verfahren nicht veröffentlicht, wird es Opfern des Dieselskandals unnötig schwergemacht, Fakten gerichtsfest darlegen zu können.
Das Gericht ist daher davon ausgegangen, das Betrug und Betrugsabsicht entscheidend in die Fall-Bewertung einfließen, auch wenn es dazu de facto noch keine Nachweise gibt.
Hartung: „Das Gericht geht davon aus, dass es Nachweise gibt, diese aber absichtlich zurückgehalten werden! Die Volkswagen AG hätte Verdachtsmomente also nur durch die Vorlage entlastender Dokumente entkräften können.“
Die Diskussion um eine anzunehmende Betrugsabsicht stellt die Bedeutung der Rückrufaktion im Gesamtzusammenhang in den Schatten. Hartung: „Zur Bewertung der Betrugsabsicht ist es absolut unmaßgeblich, ob nach dem Betrug Maßnahmen angeboten, um dessen Folgen abzufedern.“
Das Urteil zum Aktenzeichen 2-3 O 104/17 verpflichtet VW zur vollständigen Rückabwicklung des Vertrages ohne jegliche Anrechnung einer Nutzungsentschädigung. 2-3 O 104/17 ist damit ein Urteil, das ohne Wenn und Aber von der Betrugsabsicht des VW-Konzerns ausgeht.
Für mit VW-Fällen befasste Juristen macht es das Urteil in den zu verhandelnden Schadensersatzfällen für Modelle, die älter als 2 Jahre sind, einfach, Schadensersatz gegen die Volkswagen AG durchzusetzen, da die Teilnahme an der Rückrufaktion kein relevanter Parameter mehr ist. Im außergerichtlichen Verfahren kann der Konzern Ansprüche nicht mehr mit Hinweis auf das Angebot einer Mängelbeseitigung abstreiten.