Rürup-Rente: Versicherungspolicen von Basisrenten mit fehlerhafter Widerrufsbelehrung rückabwickeln!
Kürzlich betonte der Bundesgerichtshof, dass Versicherungsnehmer ihr Widerspruchsrecht in der Regel behalten, wenn sie nicht ordnungsgemäß über den Widerspruchsprozess informiert wurden. Dies hat besondere Relevanz für Personen, die aus Versicherungspolicen wie der Basisrente (Rürup-Rente) aussteigen möchten.
Die Basisrente, auch bekannt als Rürup-Rente, ist eine staatlich geförderte Altersvorsorgeform in Deutschland, speziell für Selbstständige und Freiberufler konzipiert, um die private Altersvorsorge zu stärken und eine steuerlich begünstigte Alternative zur gesetzlichen Rentenversicherung anzubieten. Beiträge zur Basisrente sind während der Ansparphase steuerlich absetzbar, und die Auszahlung erfolgt im Rentenalter in Form einer lebenslangen Rente. Dennoch steht die Basisrente oft in der Kritik wegen hoher Abschluss- und Verwaltungskosten, welche die Rendite beeinträchtigen können. Die spätere Rentenhöhe hängt stark von der Performance der Kapitalmärkte ab, insbesondere bei fondsgebundenen Produkten, wobei der Versicherungsnehmer das Investmentrisiko trägt. Die mangelnde Transparenz bei den Produktdetails wird ebenfalls oft bemängelt, da es für Verbraucher schwierig sein kann, die genauen Bedingungen, Kostenstrukturen und Risiken vollständig zu erfassen.
„Viele Verbraucher möchten aus ihrer Basisrente aussteigen, was jedoch nicht immer einfach ist. Deshalb ist es ratsam, zu prüfen, ob der Versicherungsnehmer ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert wurde. Fehlt eine solche Belehrung oder ist sie fehlerhaft, kann das Widerrufsrecht unter Umständen unbegrenzt verlängert werden, bis eine ordnungsgemäße Belehrung erfolgt. Ein Widerruf einer Versicherungspolice führt zur Rückabwicklung des Vertrags, was bedeutet, dass beide Seiten alle erhaltenen Leistungen zurückerstatten müssen. Bei Lebensversicherungen oder Rentenversicherungen kann dies bedeuten, dass der Versicherer die eingezahlten Prämien samt Zinsen zurückzahlen muss“, erläutert Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Diese Kanzlei ist ausschließlich auf Anleger- und Verbraucherschutzthemen spezialisiert und hat sich neben der Beratung von Betroffenen des Abgasskandals auch auf die Durchsetzung von Ansprüchen geschädigter Verbraucher gegen Online-Casinos sowie die Rückabwicklung von Versicherungspolicen spezialisiert.
Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 15. März 2023 (Az.: IV ZR 40/21) könnte hier für eine erfrischende Veränderung sorgen. Es betrifft den Fall eines Versicherungsnehmers, der seinen Versicherer verklagt hat, da die Widerspruchsbelehrung in seinem Versicherungsschein keine klare Anweisung zur notwendigen schriftlichen Form des Widerspruchs enthielt. Der Versicherungsnehmer hatte eine fondsgebundene Lebensversicherung im Policenmodell abgeschlossen, die eine Frist von 14 Tagen für den Widerspruch nach Erhalt der Versicherungsdokumente vorsah. Mit diesem Urteil könnte sich das rechtliche Umfeld für Versicherungskunden entscheidend verbessern.
Das Landgericht Berlin wies die Klage des Versicherungsnehmers ab, indem es feststellte, dass der Widerspruch aufgrund eines nur geringfügigen Belehrungsfehlers nicht gültig sei. Jedoch hob der BGH dieses Urteil auf und verwies den Fall zurück an das Landgericht. Der BGH argumentierte, dass der Mangel in der Belehrung dem Kläger tatsächlich die Möglichkeit nahm, sein Widerspruchsrecht wirksam auszuüben. Dabei betonte der BGH, dass die ungenaue Belehrung zur Form des Widerspruchs eine wichtige Information ausließ, wodurch der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über seine Widerspruchsrechte informiert wurde.
Dr. Gerrit W. Hartung betonte, „dass gemäß der Klarstellung des BGH ein Versicherungsnehmer sein Widerspruchsrecht grundsätzlich behält, auch wenn er nicht korrekt über die Form des Widerspruchs belehrt wurde.“ Darüber hinaus wurde festgestellt, dass der Versicherungsnehmer seinen Widerspruch ordnungsgemäß erklärt hat, selbst wenn er zeitweise seine Vertragsrechte zur Sicherung eines Darlehens abgetreten hatte. Dies allein hindert ihn nicht daran, sein Widerspruchsrecht geltend zu machen. Das Urteil wurde zur weiteren Klärung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der ordnungsgemäßen Nachbelehrung des Versicherungsnehmers und ob es besondere Umstände gibt, die gemäß Treu und Glauben (§ 242 BGB) die Geltendmachung des Widerspruchsrechts ausschließen könnten.
Seit der Gesetzesänderung im Jahr 2008 gibt es keine Unterscheidung mehr nach der Art des Vertragsabschlusses. Jeder Versicherungsnehmer hat nun ein gesetzliches 30-tägiges Widerrufsrecht gemäß § 8 VVG (Versicherungsvertragsgesetz). Die Widerrufsfrist beginnt jedoch erst mit dem Zugang einer klar formulierten Widerrufsbelehrung, die im Gegensatz zur früheren Regelung auch die Rechtsfolgen des Widerrufs enthalten muss. Zwischen 2008 und 2010 wurden die Rechtsfolgen eines Widerrufs jedoch häufig fehlerhaft oder unvollständig von den Versicherern dargestellt. Falsche Widerrufsbelehrungen sind in den Verträgen nahezu aller Versicherungsgesellschaften zu finden, sowohl bei normalen Lebensversicherungen als auch bei Basisrentenversicherungen. In diesem Zeitraum besteht daher eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine Rückabwicklung der Verträge auch heute noch möglich ist.
„Obwohl mit der Einführung der Muster-Widerrufsbelehrung zum 11. Juni 2010 die Anzahl falscher Widerrufsbelehrungen verringert wurde, sind auch danach noch solche in Lebensversicherungsverträgen zu finden. Insbesondere bei Rürup-Verträgen haben einige Versicherer falsche Widerrufsbelehrungen verwendet. Betroffen sind unter anderem Basisrentenverträge der Allianz und Canada Life. Doch auch bei anderen Versicherern sind weiterhin Fehler zu finden. Daher besteht auch heute noch die Möglichkeit, viele Verträge aus diesem Zeitraum zu widerrufen“, hebt Verbraucherschutzanwalt Dr. Gerrit W. Hartung hervor.