Porsche Cayenne S mit 8-Zylinder-Diesel steht wieder im Fokus des Abgasskandals
Das Landgericht Deggendorf hat die Audi AG zu Schadenersatz wegen Abgasmanipulationen an einem Porsche Cayenne S mit dem Dieselmotor EA898 und der Abgasnorm Euro 5 verurteilt.
Die Audi AG kommt im Dieselabgasskandal nicht aus den Schlagzeilen. Jetzt hat das Landgericht Deggendorf (Urteil vom 19. April 2022, Az.: 31 O 592/21) den Autohersteller dazu verurteilt, an den Kläger 66.120,47 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 3. November 2021 für einen Porsche Cayenne S zu zahlen. Die Beklagte wurde weiterhin verurteilt, an den Kläger weitere 2.293,25 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit 8. Dezember 2021 zu erstatten. Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom 19. Oktober 2015 zum Preis von 79.000 Euro den Porsche Cayenne S, der mit einem Dieselmotor des Typs EA898 der Abgasnorm Euro 5 ausgestattet ist, welcher von der Beklagten entwickelt und hergestellt wurde. Bei Kauf betrug der Kilometerstand des Fahrzeugs 45.142 Kilometer. Der Kilometerstand zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung betrug 86.692 Kilometer.
„Hinsichtlich des streitgegenständlichen Fahrzeugs existiert ein Rückrufbescheid des Kraftfahrt-Bundesamts aufgrund einer im Fahrzeug verbauten unzulässigen Abschalteinrichtung sowie eine verbindliche Anordnung zur Aktualisierung der Motorsteuerungssoftware. Die Motorsteuerungssoftware des streitgegenständlichen Pkw ist gesetzeswidrig, da sie die zu einem geringeren Stickoxidstoffausstoß führende, ausschließlich für den Prüfstand bestimmte Programmierung der Motorsteuerung im Modus 1 für den Fahrbetrieb auf der Straße außer Kraft setzt, mit der Folge, dass der Stickoxidausstoß im Fahrbetrieb auf der Straße höher ist als auf dem Prüfstand. Umgekehrt wird die im normalen Fahrbetrieb wirksame Programmierung für die Abgasrückführung auf dem Prüfstand außer Kraft gesetzt, indem die Motorsteuerung den sogenannten Modus 0, nämlich den Betriebszustand für den normalen Fahrbetrieb auf der Straße, zugunsten eines ausschließlich für den Prüfstandbetrieb bestimmten Modus abschaltet“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, der das verbraucherfreundliche Urteil vor dem Landgericht Deggendorf erstritten hat.
Die Audi AG wollte es sich einfach machen und hat die Existenz einzelner von ihr näher bezeichneter Abschalteinrichtungen schlichtweg bestritten, darunter auch solche, welche teilweise auch von der Klagepartei im Einzelnen konkret bezeichnet wurden, wie etwa ein Thermofenster oder eine Lenkwinkelerkennung. Die Beklagte ist der Ansicht, allein die Existenz einer unzulässigen Abschalteinrichtung begründe keine Haftung wegen sittenwidriger Schädigung. Das hat vor Gericht nicht verfangen. Die Klagepartei habe im Prozessverlauf verschiedenste Abschalteinrichtungen konkret benannt. Die Beklagte habe sich wiederum damit verteidigt, dass die Existenz von ihr konkret benannter Abschalteinrichtungen, die teilweise auch von der Klägerin gerügt worden seien, in Abrede gestellt worden seien, heißt es im Urteil. Zu der von der Klägerin konkret vorgetragenen Funktionsweise der Motorsteuerungssoftware mit zwei verschiedenen Modi hat sich die Beklagte nicht näher verhalten. Damit sei unstreitig, dass im streitgegenständlichen Fahrzeug die zu einem geringeren Stickoxidstoffausstoß führende, ausschließlich für den Prüfstand bestimmte Programmierung der Motorsteuerung im Modus 1 für den Fahrbetrieb auf der Straße außer Kraft gesetzt werde.
„Das Bestreiten der Beklagten hinsichtlich einzelner namentlich benannter Abschalteinrichtungen erachtet das Gericht damit als nicht ausreichend substantiiert. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass hinsichtlich des streitgegenständlichen Fahrzeugs ein verpflichtender Rückrufbescheid des KBA existiert und die Motorsteuerungssoftware zwischen zwei verschiedenen Betriebsmodi, nämlich Prüfstandbetrieb und normalem Fahrbetrieb unterscheidet“, betont Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung. „Das erbringt wieder neue Argumente für geschädigte Verbraucher bei Dieselverfahren in der Königsdisziplin des Dieselmotors EA898 mit der Abgasnorm Euro 5, der in stark motorisierten Premiumfahrzeugen verbaut ist.“