Online-Coaching-Verträge: bei Wuchertatbestand gegen Abzocke wehren!
Einige Online-Coaching-Anbieter fallen durch kostspielige Verträge ohne wirkliche Gegenleistung auf. Sehr hohe Preise führen aber häufig zur Nichtigkeit des Vertrages aufgrund von Sittenwidrigkeit gemäß des Wuchertatbestandes des § 138 Abs. 2 BGB.
Das Online-Business-Coaching hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Personalführung, Projekt- und Karrierecoaching, Persönlichkeitsentwicklung und, und, und: Viele Coaches haben solche Angebote entwickelt und vermarkten diese übers Internet und führen ihre Coaching-Aktivitäten auch auf digitalen Kanälen aus.
„Das klingt erst einmal gut, denn wer möchte nicht erfolgreicher, fitter oder gesünder werden? Das Problem ist aber, dass viele der Online-Coaching-Angebote nicht halten, was sie versprechen. Die Coaching-Anbieter erbringen ihre Leistung nicht oder nicht befriedigend. Zugleich sind sie aber zum Teil sehr kostspielig“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich neben der Beratung von Betroffenen des Abgasskandals auf die Durchsetzung von Ansprüchen von geschädigten Verbrauchern gegen Online-Coaching-Anbieter und Online-Casinos und bei Datendiebstahl und Datenlecks spezialisiert.
Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung führt weiter aus: „Preise zwischen 5.000 und 50.000 Euro für die Beratung sind nicht selten, oftmals operieren die Anbieter mit teuren Abonnement-Modellen. Das müssen sich Betroffene aber nicht gefallen lassen. Denn sehr hohe Preise führen häufig zur Nichtigkeit des Vertrages aufgrund von Sittenwidrigkeit gemäß des Wuchertatbestandes des § 138 Abs. 2 BGB. Regelmäßig sind die Verträge auch unter Anwendung der Spezialvorschrift des § 627 BGB wegen der Vertrauensstellung des Coaches wirksam fristlos kündbar. Zudem können Betroffene im Falle der Schlechtleistung unter Umständen Schadensersatzansprüche geltend machen.“
Das Landgericht Stade hat dies bereits bestätigt (Urteil vom 18. August 2022, Az.: 3 O 5/22).
Hintergrund war die Klage einer Verbraucherin, die ein Online-Coaching über zwölf Monate Laufzeit für 30.000 Euro gebucht hatte. Aufgrund von nicht zufrieden stellender Leistung widerrief die Klägerin den Vertrag und weigerte sich, die monatliche Vergütung zu zahlen. Das Landgericht Stade hielt den Preis des Online-Coachings für maßlos überzogen. Der Kläger habe somit keinen Anspruch aus der Vereinbarung, da die Vereinbarung von Anfang unwirksam gewesen sei.
Im Urteil heißt es: „Bei der Vereinbarung handelte es sich um ein sittenwidriges Rechtsgeschäft gemäß § 138 Abs. 1 BGB. Ein gegenseitiger Vertrag ist als wucherähnliches Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht (a.) und außerdem mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und der objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt (b.). Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten hervorgetreten ist. Ist das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders grob, lässt dies den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zu.
Das bedeutet: „Online-Coachings beziehungsweise Online-Kurse sind aufgrund von Wucher sittenwidrig, wenn der hohe Preis in keinem angemessen Verhältnissen mehr zur Leistung beziehungsweise dem Online-Coaching steht. Sittenwidrige Online-Coaching-Verträge sind nichtig und Kursteilnehmer haben die überteuerten Kursgebühren nicht zu zahlen“, betont Anwalt Dr. Gerrit W. Hartung.