Neues BGH-Urteil zum Mercedes Abgasskandal
Der Bundesgerichtshof hat erneut gegen Mercedes über die Unwirksamkeit der formularmäßigen Abtretung von Ansprüchen des Käufers an die Finanzierungsbank in einem Dieselverfahren entschieden und damit indirekt die Rechte der Verbraucher im Dieselabgasskandal erneut gestärkt.
Im Dieselabgasskandal versuchen die Automobilhersteller mit allen Mitteln, um die Zahlung von Schadensersatz herumzukommen. Besonders die Daimler AG (heute: Mercedes-Benz Group) tut sich dabei hervor und hat offensichtlich versucht, Klagen im Dieselabgasskandal gegen die Mercedes-Benz-Group AG bereits beim Autokauf zu verhindern. Der Bundesgerichtshof hat einer besonderen Praxis nun einmal mehr eine Absage erteilt (Urteil vom 3. Juli 2023, Az.: VIa ZR 155/23) und entschieden, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Finanzierungsbank enthaltene Klausel über die Sicherungsabtretung von Ansprüchen des Käufers und Darlehensnehmers gegen den Hersteller eines Dieselfahrzeugs Ansprüche auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung erfasst und auch dann unwirksam ist, wenn der Käufer nicht Verbraucher, sondern Unternehmer ist.
Der Hintergrund: „Beim Abschluss eines Autokredits haben die Verbraucher offensichtlich auf sämtliche Schadensersatz-Forderungen verzichten müssen und diese an die Mercedes-Bank abgetreten. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen war vermerkt, dass der Verbraucher als Sicherheit für den Kreditvertrag unter anderem gegenwärtige und zukünftige Ansprüche gegen die Mercedes-Benz Group AG an die Bank abtritt. Diese Klausel sollte aus jedem Rechtsgrund gelten“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Laut Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs hat der Kläger die Daimler AG wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in zwei Kraftfahrzeugen auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Der Kläger hatte am 20. August 2018 und am 11. März 2019 für sein Unternehmen jeweils einen Neuwagen mit Dieselmotoren der Baureihe OM651 (Schadstoffklasse: Euro 6) erworben. Den Kaufpreis finanzierte der Kläger in beiden Fällen mittels eines Darlehens bei einer Bank.
Den Darlehensverträgen lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank für Unternehmer zugrunde. Darin heißt es unter anderem: „Der Darlehensnehmer räumt der Bank zur Sicherung aller gegenwärtigen und bis zur Rückzahlung des Darlehens noch entstehenden sowie bedingten und befristeten Ansprüche der Bank aus der Geschäftsverbindung einschließlich einer etwaigen Rückabwicklung, gleich aus welchem Rechtsgrund, Sicherheiten gemäß nachstehenden Ziffern 1 und 2 ein. […]“ Der Darlehensnehmer trete damit alle gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche an die Bank ab, die gegen den Verkäufer für den Fall einer Rückgängigmachung des finanzierten Vertrages oder Herabsetzung der Vergütung oder aus irgendeinem anderen Grund gegen die Beklagte entstünden.
Es ist nicht die erste Niederlage des Automobilherstellers vor dem Bundesgerichtshof wegen dieser Abtretungspraxis. Der BGH hatte bereits mit Urteil vom 24. April 2023 (Az.: VIa ZR 1517/22) festgestellt, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Finanzierungsbank enthaltene Klausel über die Sicherungsabtretung von Ansprüchen des Käufers und Darlehensnehmers gegen den Verkäufer und Hersteller eines Dieselfahrzeugs Ansprüche auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung erfasst und unwirksam ist.
„Die Chancen auf Schadensersatz sind dadurch nochmals gestiegen. Auch versteckte AGB-Klauseln sind nicht dafür geeignet, die Automobilhersteller von ihren Verpflichtungen zu entbinden. Zudem sind auch die Hürden für Schadenersatzansprüche im Dieselabgasskandal deutlich gesunken. Der Bundesgerichtshof hat kürzlich unter anderem festgestellt, dass bei Vorliegen eines Thermofensters fahrlässiges Handeln der Autohersteller für eine Entschädigung der Verbraucher ausreicht.“, betont Verbraucherrechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung, der die entsprechende Klage des geschädigten Verbrauchers vor den Bundesgerichtshof gebracht und den Klägern in den Vorinstanzen vertreten hat.