Mercedes-Abgasskandal: C 300 CDI mit Motor OM642 von illegaler Abschalteinrichtung betroffen
Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat im Daimler-Abgasskandal ein Urteil des Landgerichts Lübeck aufgehoben. Ein geschädigter Verbraucher begehrt Schadensersatz von der Daimler AG für einen Mercedes-Benz C 300 CDI wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung. Laut OLG stehen dem Eigentümer Ansprüche aus § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu.
Die Daimler AG kommt mit ihrer Kernmarke Mercedes-Benz nicht aus dem Diesel-Abgasskandal heraus. Jetzt hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (28.08.2020, Az.: 1 U 137/19) in einem Berufungsverfahren des geschädigten Verbrauchers das Urteil des Landgerichts Lübeck (29.10.2019, Az.: 3 O 301/18) aufgehoben und zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Der Kläger verlangt die Rückabwicklung seines Kaufvertrags und Schadensersatz für seinen Mercedes-Benz C 300 CDI wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung. Dieses Fahrzeug mit dem Motor OM642 und der Schadstoffklasse Euro 5 hatte er im März 2015 mit einem Kilometerstand von knapp 50.000 Kilometern erworben. In dem Motor wird der Stickoxidausstoß über eine Abgasrückführung minimiert. Dabei werden Abgase in den Verbrennungsraum zurückgeführt, was zu einer Abkühlung des Verbrennungsprozesses und dadurch zu einer verringerten Bildung von Stickoxiden führt. Die Abgasrückführung wird über ein ein sogenanntes Thermofenster reguliert. Damit verändert sich die Rate der Abgasrückführung abhängig von den Außentemperaturen.
„Das Landgericht hatte die Klage mit dem Hinweis abgewiesen, der Kläger habe das Vorliegen einer illegalen Abschalteinrichtung nicht hinreichend dargelegt und einen Vortrag ins Blaue hinein gehalten. Die Klage habe nicht dargelegt, aufgrund welcher Anhaltspunkte der Kläger eine unzulässige Abschalteinrichtung für wahrscheinlich habe halten können, zumal es keinen amtlichen Rückruf für dieses Fahrzeug gebe“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.
Er ist hocherfreut, dass das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht dieser Argumentation einen Riegel vorgeschoben habe. Der Vortrag des Klägers sei hinreichend substantiiert gewesen, eine Beweisaufnahme zu veranlassen und den angebotenen Sachverständigenbeweis über die behauptete unzulässigen Abschalteinrichtungen zu erheben. Daher seien auch die Ansprüche aus § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung begründet, eben weil der Käufer einen Schaden aus der nicht gewollten Verbindlichkeit erlitten haben könnte. Das Fahrzeug ist laut Gericht für dessen Zwecke nicht voll brauchbar, weil es von einer Stilllegung betroffen sein könnte, erläutert Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung
Die Daimler AG setzt das sogenannte „Thermische Fenster“ regelmäßig ein. Damit ist ein Temperatur-Korridor gemeint, in dessen Rahmen die Abgasverarbeitung funktioniert. Unter und über bestimmten Temperaturen wird die Abgasbehandlung mit dem Argument des Bauteilschutzes vor Überhitzung rigoros abgeschaltet, sodass die tatsächlichen Ausstöße weit über dem der offiziellen Testphasen liegen. Besonders betroffen sind die Motoren der Motoren Typen OM 651, OM 622, OM 626, OM 654 und OM 642. „Dass Abschaltvorrichtungen illegal sind, wenn sie zu einem erhöhten Emissionsausstoß im realen Straßenbetrieb führen, hat die Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof Eleanora Sharpston in einem vielbeachteten Verfahren am 30. April 2020 klargemacht. Diese Vorrichtungen seien nur in ganz engen Grenzen und nur zum unmittelbaren Schutz des Motors erlaubt“, stellt Dr. Gerrit W. Hartung die Rolle der Daimler AG im Abgasskandal heraus. „Die Daimler AG steht mitten im Feuer des Diesel-Abgasskandals. Zuletzt hat das Unternehmen einen weiteren offiziellen Rückruf von Fahrzeugen durch das Kraftfahrt-Bundesamt hinnehmen müssen, und zwar für die E-Klasse mit dem Motor OM651. Mit dem Rückruf-Bescheid wächst die Zahl der Autos und Vans, die Daimler wegen des Vorwurfs einer illegalen Abschalteinrichtung zurückrufen musste oder muss auf mehr als 1,5 Millionen, davon weit mehr als 600.000 in Deutschland.
Rechtsanwalt Dr. Hartung rät deshalb: „Geschädigte Verbraucher sollten sich nicht scheuen, von der Daimler AG Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB zu fordern. Die Gerichte urteilen sehr verbraucherfreundlich und sprechen den Klägern regelmäßig hohe Kompensationen zu. Der Druck auf die Daimler AG steigt maßgeblich.“