Mercedes Abgasskandal: Auch GLC 250 D von 2017 manipuliert!
In einem noch recht jungen Mercedes-Benz GLC 250 D kommt eine sogenannte Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung zum Einsatz. Damit ist das Fahrzeug mit einer illegalen Abschalteinrichtung ausgestattet.
Das Heimatgericht als Schreckgespenst für die Daimler AG: Hat der Mercedes-Benz-Hersteller gemeint, vor dem Landgericht Stuttgart im Dieselskandal gut wegzukommen, haben sich die Verantwortlichen getäuscht. Jetzt ist das nächste Urteil im Falle eines streitgegenständlichen Mercedes-Benz GLC 250 D 4MATIC (Motorentyp OM651, Abgasnorm Euro 6) gefallen: Die Daimler AG muss dem geschädigten Verbraucher 28.149,62 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31. Juli 2020 zahlen, den Kläger von durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.358,86 Euro freizustellen und 57 Prozent der Kosten des Rechtsstreits zu tragen (Urteil vom 16.11.2020, Az.: 16 O 317/20). Der geschädigte Verbraucher hatte das Fahrzeug im September 2017 für 43.866,01 Euro gebraucht erworben.
In dem Mercedes-Benz GLC 250 D kommt eine sogenannte Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung zum Einsatz. Die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung stellt eine unzulässige Abschalteinrichtung dar, die erkennt, wenn sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet. Trifft dies zu, sorgt diese Regelung dafür, dass der gesamte Kühlkreislauf möglichst lange kühl gehalten wird. Auf der Straße wird die Regelung jedoch nicht eingesetzt, so dass sich der Stickoxid-Ausstoß um ein Vielfaches erhöht. Daimler verteidigt sich zwar gern mit dem Hinweis, die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung sei nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch auf der Straße aktiv, verkennt hier aber die Tatsache, dass dies auf der Straße nur theoretisch zutrifft. Wegen der Kühlmittel-Soll-Temperaturregelung unterliegen bereits viele Fahrzeuge der Daimler AG offiziellen Rückrufen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA).
„Für das Gericht ist klar, dass die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, grundsätzlich unzulässig sind. Die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung ermittelt bestimmte Parameter, um die Funktion des Emissionskontrollsystems so zu verändern, dass deren Wirksamkeit unter anderen als auf dem Prüfstand herrschenden Bedingungen verringert wird. Anders als die Daimler AG vorbringt, sind die Auswirkungen der Kühlmittel-Soll-Temperaturregelung auf die NOx-Emissionen erheblich“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
Seit Anfang der EG-Abgasgesetzgebung erlaubt die EU bei Dieselfahrzeugen – auch bei Pkw – wesentlich höhere NOx-Emissionen (Stickstoffmonoxid) als bei Ottomotoren. Die Angleichung der Diesel-Grenzwerte an die der Ottomotor-Fahrzeuge ist daher eine langjährige Forderung des Umweltbundesamtes, die selbst 2014 mit der Abgasstufe Euro-6 für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge nicht ganz erfüllt sein wird.
Die Daimler AG habe mit dem schlichten Bestreiten zum klägerischen Vortrag zur genauen Funktionsweise der Kühlmittel-Soll-Temperaturregelung ihrer sekundären Darlegungslast nicht entsprochen. In diesem Rahmen muss der Autohersteller sich von den Vorwürfen aktiv und mit weitreichenden Erklärungen zur Funktionsweise der Technologien entlasten. Dies schließt grundsätzlich der vielbeachteten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (28.01.2020) an, die Anwalt Dr. Gerrit W. Hartung mit einem kooperierenden BGH-Anwalt erstritten hat. „Danach können Schadensersatzansprüche im Abgasskandal gegen die Daimler AG von einem Gericht nicht einfach als Behauptungen „ins Blaue hinein“ abgewiesen werden. Im umgekehrten Falle könne auch die Daimler AG nicht einfach das Vorliegen ohne jede weitere Erklärung bestreiten“, betont der Rechtsanwalt.
„Das Landgericht Stuttgart entwickelt sich mehr und mehr zum Angstgegner für die Daimler AG im Mercedes-Abgasskandal. Und auch viele andere Gerichte urteilen sehr verbraucherfreundlich. Geschädigte Verbraucher sollten sich daher nicht daran hindern lassen, den Klageweg zu bestreiten und gegen die Daimler AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gerichtlich vorzugehen und ihren berechtigten Schadensersatz zu erhalten“, betont Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.