LG Traunstein verurteilt zu Schadenersatz für T6-Bulli mit EA288
Auch vor dem Landgericht Traunstein hat die Volkswagen AG wegen der Manipulationen an einem VW T6 California 2.0 TDI (VW-Bulli) mit der Abgasnorm Euro 6 eine Niederlage erlitten. Der geschädigte Verbraucher bezog sich unter anderem auf die Fahrkurvenerkennung als unzulässige Abschalteinrichtung.
Rollt eine neue Welle im Dieselgate 2.0? Danach sieht es aus, denn es häufen sich die verbraucherfreundlichen Urteile gegen die Volkswagen AG unzulässiger Abschalteinrichtungen beim Motorentyp EA288 mit der Abgasnorm Euro 6. Jetzt hat das Landgericht Traunstein die Volkswagen AG verurteilt (Urteil vom 21.06.2021, Az.: 7 O 3398/20), an den Halter eines VW T6 California 2.0 TDI Schadenersatz in Höhe von 36.805,18 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. April 2020 zu zahlen. Zudem muss der Konzern die Klagepartei von den durch die Beauftragung ihrer Prozessbevollmächtigten entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.590,91 Euro freistellen.
Der geschädigte Verbraucher hatte den VW T6 California 2.0 TDI (VW-Bulli) zu einem Kaufpreis von 42.419 Euro als Neuwagen mit einem Kilometerstand von fünf Kilometern am 21. November 2016 erworben und am 31. August 2017 erhalten. In dem streitgegenständlichen Fahrzeug ist ein von der Beklagten hergestellter Dieselmotor des Typs EA288 verbaut, der über einen SCR-Katalysator verfügt. Bei dem Motortyp EA288 (Dieselgate 2.0) handelt es sich um das Nachfolgemodell des Motortyps EA189 (Dieselgate 1.0), dessen Ausstattung mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Herbst 2015 öffentlich bekannt wurde.
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ordnete im April 2019 für alle ausgelieferten T6-Modelle mit dem Zweiliter-Diesel und der Abgasnorm Euro 6, die vor dem 28. November 2017 erstmals zugelassen wurden, einen Rückruf aufgrund einer festgestellten Konformitätsabweichung im Hinblick auf das Emissionsverhalten dieser Modelle an. Es wurde dabei keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt.
„Der geschädigte Verbraucher bezog sich unter anderem auf die Fahrkurvenerkennung als unzulässige Abschalteinrichtung. Das Fahrzeug erkenne dann, dass es den gesetzlich vorgeschriebenen Prüfzyklus NEFZ durchfahre. Dann schalte die Software den Motor in einen NOx-optimierten Modus mit der Folge, dass dem SCR-Katalysator dauerhaft ausreichend Harnstoff AdBlue zugeführt werde, um die Emissionen gemäß den vorgeschriebenen Abgaswerte zu reduzieren. Im normalen Fahrbetrieb werde weniger Harnstoff verwendet und damit die Abgasreinigung um ein Vielfaches reduziert, sodass es zu einem deutlich erhöhten Emissionsausstoß komme“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung
Das bestritt die Volkswagen AG natürlich. Eine Fahrkurvenerkennung sei im Ausgangspunkt auch lediglich eine Softwarefunktion, die erkenne, ob das Fahrzeug einen Prüfzyklus durchfahre. Derartige Zykluserkennungen seien nicht per se unzulässig. Für das Gericht war dennoch klar: Die Beklagte haftet der Klagepartei aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB.
„Die Beklagte habe der Klagepartei vorliegend in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt. Der Schaden besteht darin, dass die Klagepartei in Unkenntnis der nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware den streitgegenständlichen Pkw erworben und damit einen wirtschaftlich nachteiligen Vertrag abgeschlossen hat.“
Der Volkswagen AG gingen daher mehr und mehr die Argumente aus, sich aus der Verantwortung im Dieselgate 2.0 herauszureden. Das neuerliche Urteil zeige daher, dass das VW-Dieselgate 2.0 noch am Anfang steht, während Dieselgate 1.0 zusätzlich auch noch lange nicht erledigt ist. Mehr und mehr Gerichte verurteilen die Volkswagen AG für die Manipulationen am vermeintlich sauberen EA288 wegen der vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB und sprechen den Geschädigten hohe Schadensersatzzahlungen zu. Dr. Hartung: „Der Weg zu einer wirtschaftlich guten Lösung für Dieselfahrer im Dieselgate 2.0 führt also nur über die Gerichte!“
Wir haben eine spezielle Website zur neuen EA288-Thematik eingerichtet und listen dort alle Modelle von Audi, VW, Seat und Skoda auf, die vom VW-EA288-Abgasskandal betroffen sind: VW Dieselskandal EA288