Mercedes im Abgasskandal wegen arglistiger Täuschung verurteilt
Landgericht Stuttgart 20 O 73/19
Das Landgericht Stuttgart hat Daimler im Abgasskandal erneut zu Schadensersatz verurteilt. Wegen arglistiger Täuschung hat das Gericht dem Käufer eines gebrauchten Mercedes mit Urteil vom 24. Oktober 2019 den Schadensersatzanspruch zugesprochen (Az.: 20 O 73/19). Für die gefahrenen Kilometer muss sich der Kläger allerdings eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen.
Der Kläger hatte einen Mercedes mit der Abgasnorm Euro 6 im Jahr 2015 als Gebrauchtwagen gekauft und inzwischen weiterverkauft. Er machte aber Schadensersatzansprüche gegen Daimler geltend, weil das Fahrzeug mehr Schadstoffe ausstoße als vom Hersteller angegeben. Im realen Straßenverkehr sei der Stickoxid-Ausstoß deutlich höher als zulässig. Der Kläger ging daher von einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei der Abgasreinigung aus. Er führte aus, dass er das Fahrzeug bei Kenntnis der Abgasmanipulationen nicht gekauft hätte.
Daimler dementierte erwartungsgemäß die Vorwürfe. Abgaswerte würden in dem Fahrzeug nicht manipuliert. Vielmehr entspreche der Pkw den Grenzwerten der Abgasnorm Euro 6. Die Emissionsgrenzwerte seien eng mit detaillierten Prüfbedingungen verknüpft. Daher sei es nicht von Relevanz welche Abgaswerte das Fahrzeug außerhalb der maßgeblichen gesetzlichen Prüfungsbedingungen aufweise.
Mit dieser Argumentation kam Daimler beim Landgericht Stuttgart nicht durch. Die Ausführungen zu den Emissionswerten könnten nur so verstanden werden, dass Daimler einräumt, dass das Fahrzeug die Grenzwerte unter normalen Betriebsbedingungen im realen Straßenverkehr nicht einhalte. Diese Grenzwerte seien aber auch im realen Fahrbetrieb nach höchstrichterlicher Rechtsprechung einzuhalten.
Der Kläger sei daher über die Einhaltung der Grenzwerte arglistig getäuscht worden. Diese Täuschung sei auch ursächlich für den Abschluss des Kaufvertrags gewesen. Es liege auf der Hand, dass ein Käufer nur ein Fahrzeug erwerben möchte, das auch den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Zudem drohe der Verlust der Zulassung, wenn das Fahrzeug die zulässigen Grenzwerte nicht einhalte. Der Kläger habe daher Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises abzüglich der Summe, die er beim Weiterverkauf erhalten hat. Zudem wird eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer abgezogen.
Schon in einem anderen Verfahren hatte das LG Stuttgart entschieden, dass Daimler gegen europäisches Recht verstößt, wenn die Abgasgrenzwerte im realen Straßenverkehr nicht eingehalten werden (Az.: 29 O 121/19). Ein Autohersteller sei verpflichtet, die Fahrzeuge so auszurüsten, dass die Grenzwerte nicht nur im Prüfmodus, sondern auch bei normalen Nutzungsbedingungen eingehalten und keine unzulässigen Abschalteinrichtungen verwendet werden.
„Daimler kann sich also nicht darauf berufen, dass die Grenzwerte im Prüfzyklus eingehalten werden, wenn im normalen Straßenverkehr deutlich mehr Stickoxide in die Luft geblasen werden. Ein solches Fahrzeug entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben und der Käufer kann Schadensersatz geltend machen“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.