LG Lüneburg befasst sich mit Reise- & Wohnmobil-Abgasskandal
Das Kraftfahrt-Bundesamt soll in einer amtlichen Auskunft Stellung zu der Frage nehmen, ob Fiat Chrysler die Abgasreinigung in einem LMC-Wohnmobil Cruiser Comfort T 732 G manipuliert.
Im Dieselabgasskandal bei hochpreisigen Wohn- und Reisemobilen verschärft sich die Lage für die Motorenhersteller. Denn immer mehr Gerichte verurteilen die Unternehmen zu Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB oder legen durch Hinweis- und Beweisbeschlüsse die Basis für solche verbraucherfreundlichen Urteile. Jetzt hat das Landgericht Lüneburg (Az.: 3 O 143/21) die Einholung einer amtlichen Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) über die Behauptungen des Klägers, in dem streitgegenständlichen Basisfahrzeug Fiat Ducato des Wohnmobils LMC Cruiser Comfort T 732 G, ausgestattet mit einem Motor 2,3 l Multijet mit der Abgasnorm Euro 6 und mit NSK-Katalysator, seien unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut.
Der geschädigte Verbraucher nennt konkret einen „Timer“, der sich nur bei Annahme einer Prüfstandssituation einschalte und die Abgasreinigung spätestens nach ca. 22 Minuten einstelle, einen weiteren „Timer“, der anhand bestimmter Störgrößen (Bremse, Geschwindigkeit, Drehmoment etc.) andauernd das mögliche vorzeitige Verlassen der Prüfsituation untersuche, sodass die Abgasreinigung auch noch vor Überschreiten der 22 Minuten, namentlich nach vier Minuten Zeitpuffer, komplett ausgeschaltet werde, sollte eine der Störgrößen wiederholt auftreten und ein „Thermofenster“, das nur unter Prüfstandsbedingungen eine vollständige Abgasreinigung bewirke, die Abgasreinigung aber im Straßenbetrieb auf Null reduziere. Weiter heißt es in dem Beschluss, dass die vorgenannten unzulässigen Abschalteinrichtungen in dem streitgegenständlichen Fahrzeug zwischen Prüfstand und Realbetrieb im Sinne einer Umschaltlogik unterschieden, sodass die Abgasreinigung gerade nicht bei sonst identischen Umgebungsbedingungen gleich funktioniere.
„Verschiedene Gerichte haben den Schadenersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB gegen Fiat Chrysler bereits bestätigt, unter anderem wegen des Designs der Motorsteuerungs-Software in der Art, dass nach ca. 22 Minuten beziehungsweise nach einer definierten Anzahl von Zyklen die Abgasrückführungsrate auf nahezu Null zurückgefahren und die Regeneration des NOx-Speicherkatalysators deaktiviert wird“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.
„Die Entwicklungen zeigen: Eigentümer von Reise- und Wohnmobilen sollten die Möglichkeit der Betrugshaftungsklage dringend prüfen, um keine wirtschaftlichen Nachteile zu erleiden, sondern ihr Recht durchzusetzen und vernünftige finanzielle Kompensationen aufgrund der hohen Kaufpreise zu erhalten. Die finanziellen Schäden der Dieselkäufer sind regelmäßig sehr hoch“, sagt Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung. Er hat zuletzt in mehreren Fällen des Wohnmobil-Abgasskandals Klage gegen den Hersteller Stellantis N.V. eingereicht. Stellantis ist im Januar 2021 aus der Fusion der Automobilkonzerne Groupe PSA (PSA) und Fiat Chrysler Automobiles (FCA) hervorgegangen. Der Konzern ist mit seinen 14 Marken der viertgrößte Automobilhersteller der Welt nach verkauften Fahrzeugen.