Kühlmittel-Thermostat im Fokus des Mercedes-Abgasskandals!
Die Daimler AG ist für die Manipulationen am Motor des Typs OM651 mit der Abgasnorm Euro 5 in einem Mercedes-Benz GLK 220 4Matic schadenersatzpflichtig. Die Verwendung des Kühlmittel-Thermostats wurde vom Landgericht Mönchengladbach als sittenwidrig bewertet.
Der Motor des Typs OM651 mit der Abgasnorm Euro 5 der Daimler AG ist regelmäßig Gegenstand von Betrugshaftungsklagen im Dieselabgasskandal. Jüngst hat das Landgericht Mönchengladbach (Urteil vom 24. März 2022, Az.: 2 O 94/21) die Daimler AG dazu verurteilt, an die Klägerin 27.010,69 Euro nebst jährlichen Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. Oktober 2021 gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeuges Mercedes-Benz GLK 220 4MATIC abzüglich einer Nutzungsentschädigung zu zahlen. Die Kosten des Rechtstreites wurden der Beklagten auferlegt, und ebenso musste die Daimler AG an die Klagepartei außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von. 1.358,86 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. Oktober 2021 zahlen.
Die Klägerin kaufte ausweislich der Rechnung vom 17. Februar 2014 den streitgegenständlichen GLK 220 4Matic (Erstzulassung 22. Mai 2013) zum Kaufpreis von 36.800 Euro brutto und einem Kilometerstand von 15.526 Kilometern. Das Fahrzeug verfügt nicht über ein SCR-System, es wird daher auch kein AdBlue eingespritzt. Mit Bescheid vom 23. Mai 2018 hat das Kraftfahrt-Bundesamt für Fahrzeuge des gleichen Typs und der gleichen Motorisierung einen verpflichtenden Rückruf wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung angeordnet.
„Schon das Kraftfahrt-Bundesamt hatte das geregelte Kühlmittel-Thermostat als unzulässige Abschalteinrichtung bewertet und gegenüber der Beklagten mit einem wirksamen verpflichtenden Rückrufbescheid nachträgliche Nebenbestimmungen für die erteilte Typgenehmigung angeordnet. Die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung bewirke, dass der gesamte Kühlmittelkreislauf künstlich heruntergekühlt wird, das Kühlmittel also eine niedrige Solltemperatur erreicht, sodass die Temperatur des Motoröls nur langsam ansteigt. Ab einer bestimmten, in der Motorsteuerung hinterlegten Solltemperatur öffnet das Thermostat und lässt das Kühlmittel durch den Kühler fließen, wodurch die Kühlmitteltemperatur gesenkt beziehungsweise niedrig gehalten wird“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung. Er gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde und hat das verbraucherfreundliche Urteil vor dem Landgericht Mönchengladbach erstritten.
Die Daimler AG wollte sich mit dem Argument verteidigen, das geregelte Kühlmittel-Thermostat stelle keine Prüfstandserkennung dar, sondern funktioniere im Straßenverkehr wie auf dem Prüfstand in gleicher Weise, indem beim Motorwarmlauf, nur dort sei es technisch möglich, die eigentliche Öffnungstemperatur des Thermostats abgesenkt werde, um die Motorerwärmung zu verzögern. Es ginge gerade nicht um eine Manipulation, sondern die vom Gesetzgeber gewünschte Emissionsverringerung beim Kaltstart.
„Das hat das Gericht nicht gelten lassen. Die Verwendung des geregelten Kühlmittel-Thermostats als unzulässige Abschalteinrichtung ist als objektiv sittenwidrig bewertet worden. Das hat die Daimler AG laut Gericht nicht wirksam bestritten, sondern sich lediglich pauschal auf die fehlende Prüfstandsbezogenheit zurückgezogen. Es fehlte ein klarer und konkreter Vortrag dazu, dass die Beklagte hier technische Gründe dafür hatte, das geregelte Kühlmittel-Thermostat wie geschehen so zu programmieren, dass es nur bei einem sehr geringen, dem Prüfstandslauf entsprechenden Lastprofil zu einer Emissionsreduktion kommt“, erklärt Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung.
Übrigens: Für einen Mercedes-Benz GLK 220 CDI 4Matic mit der Motorengruppe OM651 und der Abgasnorm Euro 5 hat das Oberlandesgericht Naumburg im Herbst vergangenen Jahres (Urteil vom 15.10.2021, Az.: 8 U 24/21) das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Magdeburg (Az.: 10 O 1604/20) abgeändert und die Daimler AG zu Schadenersatz verurteilt. „Das Oberlandesgericht Naumburg hat deutlich gemacht, dass die Daimler AG den Verbraucher vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt hat und dass die Verurteilung nach § 826 BGB eine logische Folge der Abgasmanipulationen ist“, sagt Anwalt Dr. Gerrit W. Hartung.