Finanzierung anpassen: Immobilienkäufer können vom Widerrufsjoker profitieren
Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung beziehungsweise Widerrufsinformation führt für Kreditnehmer unter bestimmten Voraussetzungen zum sogenannten Widerrufsjoker. So lassen sich Immobilienfinanzierungen nach vielen Jahren wesentlich günstiger gestalten.
Mit dem Widerrufsrecht hat der Gesetzgeber einen Schutzmechanismus für private Verbraucher geschaffen. Damit können sie innerhalb von 14 Tagen nach Abschluss eines Vertrages ohne Gründe und finanziellen Schaden von demselben zurücktreten. Das gilt für Kauf- und Darlehensverträge aller Art – auch wenn diese sehr großvolumig sind, beispielsweise eine Immobilienfinanzierung.
„Aber in vielen Fällen haben Unternehmen die gesetzlich verpflichtende Widerrufsbelehrung inhaltlich und/oder formal nicht korrekt gestaltet oder sogar völlig darauf verzichtet. Daraus folgt, dass die Widerrufsfrist von 14 Tagen gar nicht erlischt und Verträge damit dann zunächst zeitlich ohne Begrenzung widerrufen können“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich neben der Beratung von Betroffenen des Abgasskandals auf den Widerruf von fehlerhaften Darlehensverträgen im Kfz- und Immobilienbereich spezialisiert.
Dieser Fehler des Finanzierungspartners – zumeist natürlich eine Bank – gibt Darlehensnehmern den sogenannten Widerrufsjoker an die Hand. Durch dieses gerichtlich bestätigte Werkzeug erhalten Verbraucher eine interessante Möglichkeit, einen älteren Darlehensvertrag mit einer hohen Verzinsung abzustoßen und dann im Anschluss neu zu wesentlich günstigeren Konditionen zu finanzieren. Das folgt einer einfachen Berechnung, betont Gerrit Hartung: „Haben Käufer beispielsweise in den letzten Jahren zu fünf oder sechs Prozent ihren Hauskauf finanziert, können sie einen Neuvertrag nach dem Widerruf des bestehenden Darlehens zu einem heute marktüblichen Satz abschließen. Bei einer Zinsbindung von zehn Jahren liegt dieser regelmäßig bei unter zwei Prozent, was eine wesentlich schnellere Rückzahlung möglich machen kann.“
Dass das kein Einzelfall ist, belegen Zahlen des Eigentümerverbandes Haus & Grund. Demzufolge sind mehrere Millionen Darlehensverträge mit falschen Widerrufsbelehrungen betroffen. Dadurch können zig Immobilienkäufer vom Widerrufsjoker profitieren, betont der Mönchengladbacher Rechtsanwalt, der bereits eine Vielzahl von Kunden gerichtlich dabei begleitet hat, widerrufsfähige Finanzierungen loszuwerden.
Jetzt ist es aber nicht so, dass Banken und andere Finanzierungspartner allzu begeistert davon sind, Kunden aus den Verträgen zu entlassen – auch wenn die Kunden völlig im Recht sind. Sie beziehen sich unter anderem auch auf das sogenannte Rechtsinstitut der Verwirkung, um den Widerruf seitens der Kunden abzulehnen: Der Kunde habe zu lange mit dem Widerruf gewartet und damit sein Widerrufsrecht verwirkt. Dann ist juristischer Rat gefragt, und oftmals führt der Widerruf auch vor Gericht.
In erster Linie ist der Widerruf von Kredit- und Darlehensverträgen, die nach dem 10. Juni 2010 abgeschlossen worden sind, möglich. Das Besondere daran: In diesen ist oftmals auch der effektive Jahreszins falsch angegeben worden, was wiederum die Rückabwicklung möglich macht. Auch dies könne ein versierter Fachanwalt überprüfen und Berechnungsfehler zu Gunsten des Darlehensnehmers nachweisen, um den Vertrag auch nach vielen Jahren noch rückabzuwickeln.
„Wir arbeiten mit der sogenannten Legal Technology, also einer Volldigitalisierung der Kanzlei. Damit können wir Ansprüche sehr schnell und genau berechnen und eine zügige Durchsetzung garantieren. Das hilft den Betroffenen wirtschaftlich unmittelbar“, betont Dr. Gerrit W. Hartung.