Fiat Ducato Wohnmobil mit 16-facher Überschreitung des Grenzwerts!
Mehr als sechs Jahre nach Aufdeckung des Dieselskandals hat die Deutsche Umwelthilfe DUH aktuell Wohnmobile und Autos mit bis zu 16-facher Überschreitung des Stickoxid-Grenzwerts im Realbetrieb gemessen. Geschädigte Verbraucher im Dieselabgasskandal bei Reise- und Wohnmobilen sollten daher weiter den Klageweg beschreiten.
Die Deutsche Umwelthilfe DUH hat sich immer wieder als Stachel im Fleisch der deutschen Automobilindustrie erwiesen. Jetzt zeigen weitere Abgasmessungen des Vereins, dass noch immer Millionen Autos der Volkswagen AG den Stickoxid-Grenzwert auf der Straße überschreiten – und dass ein im Juli 2019 zugelassenes Euro 6-Wohnmobil auf Basis des Fiat Ducato mit 16-facher Überschreitung des Grenzwerts für gesundheitsschädliches Stickoxid auffällt. Für den Carthago Chic E-Line I 64 XL QB (Fiat Ducato Chassis) gilt ein Grenzwert von 125 mg/km, real gemessen hat die DUH allerdings 1.996 mg NOx/km. „Für mich ist es absolut unverständlich, wie solch ein Fahrzeug eine Zulassung erhalten kann. Selbst Diesel-Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 1, die vor 30 Jahren zugelassen wurden, durften nur die Hälfte der hier gemessenen Stickoxidemissionen emittieren“, sagt Axel Friedrich, internationaler Verkehrsexperte.
Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hat die Messungen der DUH aufgegriffen und fragt:
„Wie kann es sein, dass ein Fahrzeug, das den Grenzwert so hoch überschreitet, Jahre nach Bekanntwerden des Dieselskandals überhaupt zugelassen wurde?“
Auf Anfrage des Magazins teilte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) laut eines Berichts mit, es habe erfolglos in Italien interveniert. Zunächst habe das KBA eigene Messungen an Wohnmobilen vom Typ Fiat Ducato vorgenommen – allerdings noch zu einer Zeit, als eine mittlerweile veraltete EU-Rahmenrichtlinie galt.
Es ist nicht das erste Mal, dass Fiat-Wohnmobile bei der DUH auffallen. So hatte die Organisation im Dezember 2020 in einem Gutachten festgestellt, dass zwei Fiat-Reise- beziehungsweise Wohnmobile der Abgasnorm Euro 5 die zulässigen Werte für den Ausstoß von giftigen Stickoxiden „bei Weitem“ übersteigen. Der Ducato 150 Multijet (Pilote G700G) beispielsweise überschreitet den erlaubten Stickoxidgrenzwert im realen Fahrbetrieb um den Faktor 6,9, der Ducato 150 Multijet (Dethleffs T7150) um das 9,9-Fache. Fiat Chrysler Automobiles (FCA) ist seit dem 16. Januar 2021 durch die Fusion mit der Groupe PSA in der Stellantis N.V. aufgegangen. Der Konzern ist mit seinen 14 Marken der viertgrößte Automobilhersteller der Welt nach verkauften Fahrzeugen.
„Die mittlerweile zahlreichen Gutachten, Klagen und verschiedene Urteile haben dem Dieselskandal bei Wohn- und Reisemobilen viel Aufmerksamkeit verschafft. Es kann kaum noch Zweifel geben, dass auch bei Reise- und Wohnmobilen munter manipuliert worden ist, um die Emissionswerte zu fälschen. Eigentümer sollten daher die Möglichkeit der Betrugshaftungsklage dringend prüfen, um keine wirtschaftlichen Nachteile zu erleiden, sondern ihr Recht durchzusetzen und vernünftige finanzielle Kompensationen aufgrund der hohen Kaufpreise zu erhalten. Die finanziellen Schäden der Dieselkäufer sind regelmäßig sehr hoch“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
Seine Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Verbraucherschutzanwalt Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde und hat bereits zahlreiche Klagen bei verschiedenen Landgerichten gegen die Hersteller von Reise- und Wohnmobilen eingereicht.
Die Deutsche Umwelthilfe DUH kritisiert in dem Zusammenhang generell das Bundesverkehrsministerium: „Wir haben dem Bundesverkehrsministerium und dem Kraftfahrt-Bundesamt in mehr als sechs Jahren seit Aufdeckung des Dieselskandals, mit fast 200 gemessenen Fahrzeugmodellen und etwa 2.450 Einzelmessungen, zahlreiche Belege für rechtswidrige Grenzwertüberschreitungen für Stickoxid geliefert. Trotzdem fahren noch weiter gesundheitsschädliche Dieselstinker auf unseren Straßen. Volker Wissing darf nicht der Strategie seiner Vorgänger folgen und muss jetzt endlich alle Autos zurückrufen, die den Grenzwert überschreiten und die Hersteller zwingen, die Autos auf eigene Kosten mit geeigneter Hardware nachzurüsten“, sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.