EuGH-Verhandlung stärkt Rechte geschädigter Online-Casino-Spieler bei Rückforderungen
Am 9. April 2025 fand vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Verhandlung im Fall C-440/23 statt, bei der darüber diskutiert wurde, ob Verluste aus nicht lizenzierten Online-Casinospielen in Deutschland zurückgefordert werden können. Diese Verhandlung könnte bedeutende rechtliche Klarheit schaffen und somit die Rechtsposition vieler betroffener Spieler erheblich stärken.
Die Debatte über die Rückzahlung von Verlusten aus illegalem Online-Glücksspiel hat mit der aktuellen Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof einen entscheidenden Schritt gemacht. Im Verfahren C-440/23 geht es um wesentliche Fragen zur Zulässigkeit von Rückforderungsansprüchen gegen Glücksspielanbieter, die in der Vergangenheit ohne gültige deutsche Lizenz operierten. Im Mittelpunkt stehen dabei nicht nur die wirtschaftlichen Interessen der Anbieter, sondern vor allem der Schutz der Verbraucher, die auf diesen Plattformen teils erhebliche finanzielle Verluste erlitten haben.
Zahlreiche große Anbieter wie Tipico, Bwin oder bet365 operierten über Jahre hinweg mit einer Lizenz aus Malta, ohne die nach deutschem Recht erforderliche Konzession zu besitzen. Dennoch boten sie ihre Dienstleistungen aktiv in Deutschland an – in deutscher Sprache, mit deutschem Kundensupport und gezieltem Marketing. Während dieser Zeit fehlten jedoch wesentliche Schutzvorkehrungen: Einzahlungslimits, Hinweise auf Spielsucht und transparente Regelungen waren oft nicht vorhanden oder wurden bewusst umgangen. Die rechtliche Situation in Deutschland war klar – das Anbieten von Online-Casino-Spielen war grundsätzlich verboten.
„Die derzeit vor dem EuGH verhandelte Frage hat weitreichende Auswirkungen: Können Spieler, die aufgrund solcher unzulässiger Angebote Geld verloren haben, diese Beträge zurückfordern – selbst wenn der Anbieter inzwischen eine Lizenz erhalten hat oder einen entsprechenden Antrag gestellt hat? Der Ausgang dieser Verhandlung wird nicht nur für zahlreiche laufende Verfahren in Deutschland richtungsweisend sein, sondern auch für die zukünftige Regulierung des Online-Glücksspiels innerhalb der EU“, erklärt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei ist auf Anleger- und Verbraucherschutz spezialisiert und hat sich neben der Beratung von Betroffenen des Abgasskandals auch auf die Durchsetzung von Ansprüchen geschädigter Verbraucher gegen Online-Casinos und Online-Sportwettenanbieter fokussiert.
Während der Verhandlung am 9. April 2025 nahm die Kommission eine klare Stellung für einen konsequenten Spielerschutz ein. Aus ihrer Sicht ist es mit dem Europarecht vereinbar, wenn nationale Regelungen eine Rückforderung von Verlusten ermöglichen, auch wenn ein Anbieter über eine Lizenz aus einem anderen EU-Staat verfügt. Die Kommission verwies dabei auf das grundsätzliche Ermessen der Mitgliedstaaten, ihre Glücksspielmärkte im Sinne des Verbraucherschutzes zu regulieren und auch ein Totalverbot auszusprechen. Eine Lizenz aus Malta könne nicht automatisch als Erlaubnis in anderen Staaten gelten, wenn dort strengere Anforderungen bestehen.
Die Argumentation der Glücksspielanbieter, dass eine ausländische Genehmigung oder ein laufendes Zulassungsverfahren rückwirkend als ausreichende Erlaubnis angesehen werden sollte, wurde dadurch deutlich infrage gestellt. Viele Juristen betrachten die Vorstellung, dass ein Anbieter ohne nationale Genehmigung bereits auf dem Markt tätig werden und sich später auf einen Antrag berufen kann, als problematisch. Der EuGH wird voraussichtlich im vierten Quartal 2025 sein Urteil fällen, wobei die Schlussanträge des Generalanwalts für den 10. Juli 2025 erwartet werden.
Glücksspielrechtsexperte Dr. Gerrit W. Hartung hebt hervor: „Für die betroffenen Spieler bedeutet dies vor allem eines: Hoffnung auf Klarheit und Rechtssicherheit. Bereits heute entscheiden viele deutsche Gerichte zugunsten der Verbraucher. In einer zunehmenden Zahl von Fällen werden Verluste aus Online-Glücksspielen zurückerstattet, wenn das Angebot nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Besonders für den Zeitraum vor der Neuregulierung des Glücksspielmarktes im Jahr 2021 stehen die Chancen auf eine erfolgreiche Rückforderung gut – vorausgesetzt, der Anbieter hatte damals keine explizite Erlaubnis für Deutschland.“
Verbraucher, die in den letzten Jahren Geld bei Online-Casino-Spielen oder Online-Sportwetten verloren haben, sollten die Entwicklungen daher aufmerksam verfolgen. Eine rechtliche Prüfung kann sich durchaus lohnen. Mit seinem bevorstehenden Urteil könnte der EuGH eine Linie vorgeben, die das Verhältnis zwischen Marktregulierung und Verbraucherrechten in der EU neu ausrichtet – mit potenziellen Auswirkungen über Deutschland hinaus. Wer sich zur Wehr setzt, könnte am Ende nicht nur Recht bekommen, sondern auch sein eingesetztes Geld vollständig zurückerhalten.