Klagen gegen Mercedes im Abgasskandal - Rechtsschutzversicherung ist eintrittspflichtig
Landgericht Stuttgart 3 O 381/18
Gute Nachrichten für Mercedes-Fahrer, deren Fahrzeuge von Abgasmanipulationen betroffen sind. Bei Schadensersatzklagen gegen Daimler kann die Rechtsschutzversicherung die Deckungszusage nicht mit dem Hinweis auch mangelnde Erfolgsaussichten verweigern. Das hat das Landgericht Stuttgart mit Urteil vom 12. Juli 2019 entschieden (Az.: 3 O 381/18).
Im konkreten Fall hatte die ADAC Rechtsschutzversicherung die Deckungszusage bei einer Schadensersatzklage gegen Daimler wegen Abgasmanipulationen verweigert. Begründet hat sie die Weigerung mit mangelnden Erfolgsaussichten. Damit kommt sie jedoch nicht durch. Das LG Stuttgart hat entschieden, dass der Versicherer aus dem Versicherungsvertrag verpflichtet ist, die Kosten für die außergerichtliche und erstinstanzliche Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers gegen die Daimler AG wahrzunehmen.
Der Kläger hatte 2011 einen Mercedes GLK 220 CDI gekauft und teilte Ende 2017 der Rechtsschutzversicherung mit, dass er Schadensersatzansprüche gegen Daimler wegen Abgasmanipulationen geltend machen werde. Der Versicherer lehnte die Kostenübernahme ab, da bisher keine Abschalteinrichtung bei dem Modell nachgewiesen wurde und somit keine ausreichenden Erfolgsaussichten bestünden.
Erst im Juni 2019 gab es einen verpflichtenden Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes für den Mercedes GLK 220 CDI wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung. Davon sind allerdings die Modelle der Baujahre 2012 bis 2015 betroffen und somit nicht das Fahrzeug des Klägers.
Dennoch könne die Rechtsschutzversicherung nicht die Deckung verweigern, so das LG Stuttgart. Der Rechtsschutzversicherer müsse eintreten, wenn die Interessenwahrnehmung des Versicherungsnehmers hinreichende Aussichten auf Erfolg habe.
Bei Ansprüchen gegen Daimler wegen Abgasmanipulationen könne vom Kläger nicht verlangt werde, dass er Unterlagen oder Nachweise über den Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung vorlegt, da er keinen Einblick in die Geschehensabläufe bei Daimler habe. Es genüge daher, wenn er seine Vorwürfe nicht „ins Blaue“ formuliert, sondern auf entsprechende Presseartikel oder Meldungen der Deutschen Umwelthilfe verweist, so das LG Stuttgart. Eine vorweggenommene Beweiswürdigung oder Überprüfung des Fahrzeugs durch ein Parteigutachten sei weder zulässig noch erforderlich. Für den Deckungsprozess müsse der Rechtsschutzversicherer vielmehr die sekundäre Darlegungslast des Anspruchsgegnerin, der Daimler AG, beachten, führte das LG Stuttgart aus.
Gibt es zwischen den Abgaswerten im Prüfmodus und im realen Straßenverkehr erhebliche Abweichungen, könne dies ein Indiz für eine illegale Abschalteinrichtung sein. Dass der Rückruf für den Mercedes GLK 220 CDI nur Fahrzeuge der Baujahre 2012 bis 2015 und damit nicht das Fahrzeug des Klägers betrifft, bedeute nicht, dass Daimler nicht schon zuvor unzulässige Abschalteinrichtungen verwendet haben könnte.
Die Verwendung von Abschalteinrichtungen sei nur in engen Grenzen und Ausnahmefällen zum Schutz des Motors zulässig. Ein Ausnahmefall sei bei der Verwendung von Thermofenstern bei der Abgasreinigung allerdings nicht grundsätzlich gegeben, so das LG Stuttgart.
„Das Urteil des LG Stuttgart ist in zweierlei Hinsicht für geschädigte Mercedes-Käufer erfreulich. Es bestätigt die Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung und damit auch, dass hinreichende Erfolgsaussichten bei Klagen gegen Mercedes im Abgasskandal bestehen“, sagte Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal. Rechtsanwalt Dr. Hartung hat für seine Mandanten bereits Schadensersatzansprüche gegen Mercedes durchgesetzt.