Die Audi AG kommt im Dieselskandal nicht zur Ruhe!
Das Landgericht Ingolstadt hat die Audi AG für Abgasmanipulationen am Motor des Typs EA897 in einem Porsche Cayenne 3.0 TDI (Euro 6) zur Verantwortung gezogen.
Dieses Dieselverfahren wurde besonders teuer für die Audi AG – und zeigt, dass geschädigte Verbraucher weiterhin sehr hohen Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung erzielen können, wenn sie den Weg vor Gericht konsequent gehen. Das Landgericht Ingolstadt hat die Audi AG dazu verurteilt (Urteil vom 22. Oktober 2021, Az.: 31 O 4933/20), für die Abgasmanipulationen am Motor des Typs EA897 in einem Porsche Cayenne 3.0 TDI mit der Abgasnorm Euro 6 62.856 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 28. Januar 2021 zu zahlen und den Kläger von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung freizustellen. Die Audi AG muss 89 Prozent der Kosten des Verfahrens tragen.
Der Kläger erwarb den Porsche Cayenne 3.0 TDI mit Kaufvertrag vom 20. Oktober 2015 als Neuwagen zum Preis von 81.000 Euro. Am 27. Juli 2021 hatte das Fahrzeug eine Laufleistung von 67.120 Kilometern. In das Fahrzeug ist ein von der Beklagten hergestellter Motor verbaut, wegen dessen das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) einen Fahrzeugrückruf wegen des Vorliegens einer „unzulässigen Abschalteinrichtung“, also wegen fehlender Gesetzeskonformität der Motorsteuerungssoftware, angeordnet hat. Das Fahrzeug zeigte, bedingt durch die verwendete Software, auf dem Prüfstand einen geringeren NOx-Ausstoß als im realen Fahrbetrieb.
Die Audi AG hatte wie üblich vorgetragen, dem Kläger sei durch die Verwendung der Motorsteuerungssoftware in dem von ihm erworbenen Fahrzeug kein Schaden entstanden. Sie war der Auffassung, dem Kläger hätten ihr gegenüber keine Ansprüche zugestanden.
Das hat das Gericht anders bewertet. Die Beklagte habe dem Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt, heißt es in dem Urteil. Schädigende Handlung der Beklagten sei die Herstellung des Motors des klägerischen Fahrzeugs gewesen, dessen Motorsteuerungssoftware so programmiert gewesen sei, dass sie den Betrieb des Fahrzeugs auf einem Prüfstand im neuen europäischen Fahrzyklus erkannt und dabei den Schadstoffausstoß gegenüber dem realen Fahrbetrieb verringert hätte. Diese gesetzeswidrige Softwareprogrammierung, die zu einem Rückruf des KBA geführt hätte, hätte die Beklagte bei dem in Verkehr bringen des Fahrzeugs verschwiegen.
„Immer mehr Gerichte schließen die Schlupflöcher für schädigende Autohersteller im Dieselabgasskandal. Das ist ein gutes Zeichen für geschädigte Verbraucher, die so deutlich leichter zu ihrem Recht kommen können. Der Weg zu Schadenersatz führt über die Gerichte und den Weg der Individualklage“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
„Eine wichtige Aussage des Gerichts: Es bedarf keiner konkreten Feststellung, welcher Repräsentant der Beklagten vorsätzlich handelte. Dies festzustellen ist der Klagepartei, die keine Einblicke in die betriebsinterne Aufgabenverteilung der Beklagten hat, nicht dezidiert möglich. Sie hat jedoch – im Rahmen ihrer Möglichkeiten – substantiiert vorgetragen, so dass es der Beklagten im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast oblegen hätte, den Vortrag zu entkräften oder die Repräsentanten zu benennen. Beides ist nicht erfolgt.“