Dieselskandal der Daimler AG: Zwei Oberlandesgerichte fordern amtliche Auskünfte!
Die Dieselmotorengruppe OM651 der Daimler AG mit der Abgasnorm Euro 5 steht weiterhin im Fokus des Dieselabgasskandals. Die Oberlandesgerichte Stuttgart und Oldenburg haben jetzt angeordnet, dass zur Beweiserhebung für Abgasmanipulationen amtliche Auskünfte des Kraftfahrt-Bundesamtes einzuholen sind.
Bekommt die Daimler AG im Dieselabgasskandal immer größere Probleme mit Euro 5-Fahrzeugen der Motorengruppe OM651? Die Vierzylinder-Diesel stehen mittlerweile regelmäßig im Fokus von Dieselverfahren, und die Gerichte entscheiden in der überwältigenden Mehrheit der Fälle im Sinne der geschädigten Verbraucher.
Dieser Trend könnte sich jetzt fortsetzen, denn die Oberlandesgerichte Stuttgart und Oldenburg haben Beweisbeschlüsse angeordnet und fordern in diesem Zusammenhang das Kraftfahrt-Bundesamt als Bundesbehörde dazu auf, zu spezifischen Fragen im Dieselabgasskandal rund um Fahrzeuge der Motorengruppe OM651 der Daimler AG mit der Abgasnorm Euro 5 Stellung zu nehmen.
Das Oberlandesgericht Stuttgart (Beschluss vom 1.10.2021, Az.: 23 U 312/21 zu Az.: 12 O 306/19 LG Stuttgart) will im Zuge eines Dieselverfahrens wegen eines Mercedes-Benz GLK 220 CDI 4Matic Fragen zur Funktionsweise der Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung klären. Die Kernfrage des Oberlandesgerichts lautet: „Wird im streitgegenständlichen Fahrzeug mithilfe eines elektrisch beheizbaren Thermostats im Kühlmittelkreislauf der Sollwert der Kühlmitteltemperatur im Motorwarmlauf von 100° C auf 70° C abgesenkt, was zu niedrigeren Stickoxidemissionen führt?“
„Zusätzlich stellt das Oberlandesgericht Stuttgart an das Kraftfahrt-Bundesamt als für die Kfz-Zulassung zuständige Bundesbehörde zahlreiche technische Fragen zur Funktionsweise der Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung, die für weitere Dieselverfahren zur Motorengruppe OM651 sehr relevant sein können. Wenn diese Fragen geklärt sind, kann das der Daimler AG weitere Argumente ihrer Verteidigungsstrategie nehmen“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
Ebenso spannend sei die Frage, ob das das Kraftfahrt-Bundesamt das streitgegenständliche Fahrzeug zurückgerufen habe, weil das Fahrzeug eine Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung aufweise und ob die Behörde diese Vorrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug als unzulässige Abschalteinrichtung beurteile, betont Verbraucherschutzanwalt Dr. Gerrit W. Hartung. „Sollte das der Fall sein, kann die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung das schlagkräftigste Argument für erfolgreiche Schadenersatzklagen gegen die Daimler AG werden!“
Fragen an das Kraftfahrt-Bundesamt betreffend einen Mercedes-Benz E 250 T CDI Blue Efficiency mit dem Vierzylinder-Diesel OM651 und der Abgasnorm Euro 5 hat auch das Oberlandesgericht Oldenburg (Az.: 8 U 254/20). Die Richter wollen zum einen wissen, ob der Dieselmotor OM651 auf das Vorliegen unzulässiger Abschalteinrichtungen überprüft worden sei und wenn ja, welche Abschalteinrichtungen festgestellt worden seien. Ebenfalls fragt das Oberlandesgericht, ob in dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine Prüfstanderkennungs-Software oder eine auf die Randbedingungen des Prüfstands abgestimmte Software zum Einsatz komme, welche die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringert, sodass aufgrund der installierten Software die gesetzlichen Emissionsgrenzwerte nur auf dem Prüfstand eingehalten würden, während im realen Fahrbetrieb die Randbedingungen nicht in gleicher Weise vorlägen.
Auch stellt das Oberlandesgericht Oldenburg auf die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung ab und will konkret wissen, ob diese Funktion als unzulässige Abschalteinrichtung qualifiziert worden sei. Das Spannende: „Falls das nicht der Fall gewesen sei, müsse sich die Bundesbehörde erklären, worin der Unterschied zu denjenigen Fahrzeugen desselben Motortyps, hinsichtlich derer das Kraftfahrt-Bundesamt die Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung als unzulässige Abschalteinrichtung beanstandet habe, liege. Aus Verbrauchersicht ist das eine erfreuliche Entwicklung, bringt es doch weitere Klarheit für erfolgreiche Betrugshaftungsklagen“, betont Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung.