Die Audi AG ist für manipulierten EA897 in einem A7 schadenersatzpflichtig
Das Landgericht Koblenz hat die Audi AG im Dieselabgasskandal verurteilt. Streitgegenständlich war ein Audi A7 Sportback 3.0 TDI mit dem Dieselmotor EA897 und der Abgasnorm Euro 5.
Der Dieselabgasskandal der Audi AG nimmt kein Ende, weder bei Motoren der Abgasnorm Euro 6 noch Euro 5. Jetzt hat das Landgericht Koblenz die Audi AG verurteilt, an den Kläger 12.749,03 Euro nebst jährlichen Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. Dezember 2020 zu zahlen (Urteil vom 21. März 2022, Az.: 16 0 202/21). Die Beklagte wurde zudem verurteilt, die Klagepartei von den noch nicht fälligen Darlehensraten aus dem Darlehensvertrag gegenüber der Audi Bank freizustellen und weitere 1318,64 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.08.2021 zu zahlen.
Streitgegenständlich war ein Audi A7 Sportback 3.0 TDI mit dem Sechszylinder-Dieselmotor EA897 und der Abgasnorm Euro 5, den der geschädigte Verbraucher als Gebrauchtfahrzeug mit einem Kilometerstand von 53.341 Kilometern zum Kaufpreis von 39.830,01 Euro am 12. September 2017 erworben hatte. Der Kläger finanzierte den Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit einem Darlehen über die Audi Bank vom 19. September 2017 und einer Anzahlung von 3.500 Euro mit einem Nettodarlehensbetrag von 39.184,80 Euro. Die Höhe der monatlichen Rate betrug 520 Euro, die Zinsen (Darlehenskosten) beliefen sich auf 3.984,86 Euro, die Schlussrate von 5.089,46 Euro sollte am 20. März 2022 fällig sein.
„Der geschädigte Verbraucher hat vorgetragen, er habe ein zwar leistungsstarkes, aber auch verbrauchsarmes und umweltfreundliches Auto gewollt. Er sei davon ausgegangen, dass alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten worden seien. Das sei nicht der Fall beim streitgegenständlichen Fahrzeug, weil im Wesentlichen zwei unzulässige Abschalteinrichtungen vorhanden seien“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde und hat das verbraucherfreundliche Urteil vor dem Landgericht Koblenz erstritten.
Im Fokus der Klage stand die Abschalteinrichtung in Form einer „Aufheizstrategie“. Bei Euro 5-Fahrzeugen mit Dreilitermotoren des Typs EA897 der Beklagten sei eine Funktion festgestellt worden, die dazu diene, dass der Oxidationskatalysator möglichst schnell nach Motorstart sein Arbeitstemperaturfenster erreiche. Die Bedatung der in dem Fahrzeug enthaltenen Funktion sehe Aktivierungs- und Deaktivierungsbedingungen vor, die als unzulässige Abschalteinrichtung zu bewerten seien, weil die Deaktivierungsbedingungen so ausgeprägt seien, dass die Funktion mit Sicherheit im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) aktiv sei, während diese im realen Fahrbetrieb jedoch überwiegend deaktiviert werde.
„Bei Kenntnis der Verwendung dieser unzulässigen Abschalteinrichtung hätte er den streitgegenständlichen, Kaufvertrag nicht abgeschlossen. Die Beklagte habe als Produzentin des Motors vollen Einblick in ihre eigene Entwicklung gehabt und von Beginn an von der illegalen Abschalteinrichtung gewusst und den Kläger durch die Vorspiegelung zulässiger Emissionswerte getäuscht. Eine Nachbesserung sei dem Kläger wegen des manipulativen Verhaltens der Beklagten sowie aufgrund der erheblichen Risiken, die mit einem Software-Update einhergingen, unzumutbar“, erklärt Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung
Das Gericht hat dementsprechend die Schadenersatzpflicht bestätigt. Es schreibt: „Die Beklagte hat den Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise jedenfalls bedingt vorsätzlich geschädigt, weil sie ein Fahrzeug hergestellt und in Verkehr gebracht hat, dessen Motor mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist. Es wurde von der Beklagten zwar eingeräumt, dass das Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen war, weswegen auch eine bestandskräftiger und damit verbindlicher Rückrufbescheid des KBA vorliege. Damit ist die Tatsache unstreitig. Allerdings hat die Beklagte nicht vorgetragen, wegen welcher Abschalteinrichtung konkret der Bescheid des KBA erlassen worden war. Dies hätte ihr aber im Hinblick auf die sogenannte sekundäre Darlegungslast oblegen.“
„Im Rahmen der sekundären Darlegungslast muss sich der Autohersteller von den Vorwürfen aktiv und mit weitreichenden Erklärungen zur Funktionsweise der Technologien entlasten. Dem hat das Unternehmen nicht ansatzweise entsprochen. Insofern steigen die Chancen für Dieselkunden weiter, im Rahmen des Abgasskandals finanziell weitreichend entschädigt zu werden“, betont Verbraucherschutzanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.