Bundesgerichtshof: Urteil zur Erstattung von Verlusten bei Online-Sportwetten

Eine jüngste Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) im Bereich des illegalen Online-Glücksspiels verdeutlicht die komplexe Verzahnung zwischen nationalem und europäischem Recht in diesem Bereich. Durch die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof hat der BGH wesentliche Fragen zum Online-Glücksspiel zur Klärung gebracht und somit einen bedeutenden Fortschritt in der Weiterentwicklung des nationalen und europäischen Rechts erzielt.

Bundesgerichtshof: Urteil zur Erstattung von Verlusten bei Online-Sportwetten

Am 25. Juli 2024 hat der Bundesgerichtshof (BGH), das höchste Zivilgericht Deutschlands, eine wegweisende Entscheidung getroffen. In einem Verfahren gegen einen großen Anbieter von Online-Sportwetten, bei dem ein Spieler rund 3.000 Euro Verlust erstattet haben wollte, wurde nicht direkt geurteilt. Stattdessen wurde das Verfahren dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Klärung grundlegender europarechtlicher Fragen vorgelegt. Diese Entscheidung, die zunächst den spezifischen Fall des Online-Glücksspiels betrifft, ist Teil des umfassenderen Rechtsstreits um die Regulierung von Online-Diensten und die zugehörigen europäischen Rechtsnormen.

Im Zentrum des Verfahrens steht die Frage, ob der Online-Sportwettenanbieter, der zum Zeitpunkt des Angebots keine deutsche Lizenz besaß, rechtmäßig gehandelt hat. Der Anbieter argumentiert, dass er zwar eine Lizenz beantragt habe, ihm diese jedoch aufgrund eines europarechtswidrigen Lizenzierungsverfahrens verweigert wurde. Der Fall wirft grundlegende Fragen zur Vereinbarkeit nationaler Vorschriften mit dem EU-Recht auf, insbesondere in Bezug auf die Dienstleistungsfreiheit gemäß Artikel 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

„Der Kläger argumentiert, dass der Anbieter, der seinen Sitz in Malta hat, ohne gültige deutsche Lizenz operierte und somit die Vertragsgrundlage für die getätigten Wetten fehle. Da keine deutsche Lizenz vorhanden war, sei der Vertrag nichtig und die Verluste müssten daher erstattet werden. Der Anbieter hingegen vertritt die Auffassung, dass die Lizenz aus Malta und das unionsrechtswidrig durchgeführte deutsche Genehmigungsverfahren seine Rechtmäßigkeit bestätigen. Da die Vorinstanzen dem Kläger nicht recht gaben, wurde der Fall letztlich dem BGH vorgelegt“, erklärt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei ist auf Anleger- und Verbraucherschutzthemen spezialisiert und konzentriert sich neben der Beratung von Betroffenen des Abgasskandals insbesondere auf die Durchsetzung von Ansprüchen geschädigter Verbraucher gegen Online-Casinos und Online-Sportwettenanbieter.

Der BGH hat entschieden, dass die Klärung europarechtlicher Fragen durch den EuGH erforderlich ist, bevor ein endgültiges Urteil gefällt werden kann. Diese Entscheidung verdeutlicht die Komplexität der rechtlichen Situation im Bereich des Online-Glücksspiels und die zentrale Bedeutung der europäischen Gesetzgebung für nationale Gerichtsverfahren. Besonders wichtig ist die Frage, ob die Dienstleistungsfreiheit eines Anbieters aus einem anderen EU-Mitgliedstaat eingeschränkt werden kann, wenn nationale Genehmigungsverfahren gegen EU-Recht verstoßen. Der BGH betrachtet diese Entscheidung als Präzedenzfall, der klären soll, ob nationale Gesetze, die die europäische Dienstleistungsfreiheit einschränken, unter solchen Umständen aufrechterhalten werden können. Dies betrifft nicht nur die Gültigkeit von Verträgen, sondern auch die mögliche Schadensersatzpflicht von Anbietern, die ohne deutsche Lizenz, jedoch mit einer Lizenz aus einem anderen EU-Mitgliedstaat tätig sind.

„Der Fall illustriert die Schwierigkeiten, die mit der Regulierung des Online-Glücksspiels verbunden sind. Er hat auch weitreichende Auswirkungen auf zahlreiche ähnliche Fälle, die Verluste aus Online-Sportwetten betreffen, die während der Geltungsdauer des Glücksspielstaatsvertrags 2012 entstanden sind. Das Ergebnis der Entscheidung des EuGH könnte bedeutende Konsequenzen für die Rechtslage in Deutschland und möglicherweise auch in anderen EU-Staaten haben. Es ist bemerkenswert, dass der BGH trotz der unvollständigen Darlegung durch den Kläger dazu tendiert, dessen Position zu unterstützen. Der Fall verdeutlicht die prozessualen Beschränkungen der Zivilprozessordnung: Wenn in den Vorinstanzen wesentliche Fakten nicht vorgebracht werden, können diese vor dem BGH nicht mehr nachgeholt werden. Dies führt dazu, dass der BGH über einen Sachverhalt entscheiden muss, der in der Realität überwiegend anders aussieht, insbesondere da die Online-Glücksspielanbieter in der Regel auch materiell illegal gehandelt haben“, hebt Dr. Gerrit W. Hartung hervor.

Dr. Gerrit W. Hartung ergänzt: „Im Rahmen der EU-Rechtsnormen und der nationalen Gesetzgebung wird der EuGH klären müssen, ob die Dienstleistungsfreiheit eines Anbieters auch dann geschützt ist, wenn nationale Lizenzierungsverfahren gegen das Unionsrecht verstoßen. Zentral wird dabei die Frage sein, wie nationale Schutzgesetze, die zum Schutz der Bevölkerung vor den Risiken des Glücksspiels erlassen wurden, im Verhältnis zu den europäischen Grundfreiheiten gewichtet werden können.“

Dr. Hartung betont, dass die Entscheidung des BGH auch praktische Auswirkungen auf die Rechtslage von Spielern und Anbietern hat. Während die Entscheidung des EuGH abgewartet wird, ist es für Spieler, die Verluste aus Online-Sportwetten zurückfordern möchten, wichtig, ihre Ansprüche rechtzeitig gerichtlich geltend zu machen, um einer möglichen Verjährung zuvorzukommen. Die Verzögerung durch die Vorlage an den EuGH könnte für einige Kläger problematisch werden, insbesondere wenn sie bisher gezögert haben und weiterhin zögern, ihre Forderungen einzuklagen. Nur durch eine rechtzeitige Klage kann die Verjährung unterbrochen werden.