Bundesgerichtshof erneut zu Online-Sportwetten ohne Lizenz: OLG Stuttgart bestätigt Rückforderung eines Spielers und gestattet Revision für Tipico Co. Limited!
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat entschieden, dass ein Sportwettenanbieter, der ohne gültige deutsche Lizenz tätig ist, dazu verpflichtet ist, die Einsätze, die von Spielern geleistet wurden, zurückzuerstatten. Zudem wurde die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen, um grundlegende Fragen zur Gültigkeit von Sportwettenverträgen während eines unionsrechtswidrigen Genehmigungsverfahrens zu klären.
In einem besonders aufschlussreichen Fall hat das Oberlandesgericht Stuttgart gleich zwei verbraucherschutzfreundliche Urteile gefällt (Az.: 5 U 212/23). Zum einen wies das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten, der Sportwettenanbieterin Tipico Co. Limited, gegen das Urteil des Landgerichts Ravensburg (Az.: 4 O 218/23) zurück. Ein geschädigter Verbraucher hatte an den Online-Sportwetten der Beklagten teilgenommen und dabei einen Verlust von 22.500,68 Euro erlitten, den er nun zurückfordert. Das Landgericht gab der Klage im Wesentlichen statt, und das Oberlandesgericht Stuttgart bestätigte dieses Urteil, indem es die Berufung der Beklagten zurückwies. Das Gericht stellte fest, dass das Angebot der Beklagten gegen die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) verstieß, insbesondere gegen § 4 Abs. 1, 4 und 5 sowie gegen § 21 Abs. 4 GlüStV 2012. Daher seien die zwischen den Parteien geschlossenen Verträge gemäß § 134 BGB nichtig, und der Kläger habe Anspruch auf Rückzahlung.
„Das Gericht betonte, dass die Beklagte während des relevanten Zeitraums über keine gültige Lizenz verfügte und ihr Angebot an Sportwetten auch nicht genehmigungsfähig war. Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass das Sportwettenangebot nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprach, insbesondere in Bezug auf die Trennung von Sportwetten und anderen Glücksspielarten sowie die Einhaltung der Höchsteinsatzgrenzen. Die Beklagte konnte sich auch nicht auf einen gutgläubigen Verstoß gegen die Vorschriften berufen, da ihr die fehlende Erlaubnis bekannt war“, erklärt Dr. Gerrit W. Hartung, ein Rechtsanwalt aus Mönchengladbach, von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei konzentriert sich ausschließlich auf Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich neben der Beratung von Betroffenen des Abgasskandals auf die Durchsetzung von Ansprüchen geschädigter Verbraucher gegen Online-Casinos spezialisiert. Er hat das erfolgreiche Urteil vor dem Oberlandesgericht Stuttgart erstritten.
Glücksspielrechtsexperte Dr. Gerrit W. Hartung legt besonderen Wert auf die zugelassene Revision zum Bundesgerichtshof (BGH). Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die Revision genehmigt, da die Angelegenheit entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen aufwirft, die über den Einzelfall hinausgehen und das allgemeine Interesse an einer einheitlichen Rechtsentwicklung und -anwendung betreffen. Insbesondere wird die Revision zur Klärung der Frage zugelassen, ob ein Sportwettenanbieter, der während eines unionsrechtswidrig durchgeführten Vergabeverfahrens eine Erlaubnis beantragt hat, sich auf die Rechtswidrigkeit des Verfahrens berufen kann, obwohl sein Angebot nicht den materiellen Erlaubnisvoraussetzungen entsprach. Der BGH soll zudem klären, ob es die Dienstleistungsfreiheit eines Anbieters beeinträchtigt, das nationale Verbot mit Erlaubnisvorbehalt als Schutzgesetz zu betrachten, was möglicherweise zu einer Schadensersatzpflicht führen könnte.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) könnte eine erhebliche Relevanz haben, da sie die Gültigkeit von Verträgen zwischen Spielern und Glücksspielanbietern beeinflussen könnte, die während eines unionsrechtswidrigen Genehmigungsverfahrens abgeschlossen wurden. Besonders im Fokus der Revision steht die Frage, ob das Verbot auch dann Anwendung findet, wenn das Angebot des Anbieters materiell nicht genehmigungsfähig war. Allerdings wird es voraussichtlich nicht zu einer Klärung kommen. Verbraucherschutzanwalt Dr. Gerrit W. Hartung äußert: „Es ist anzunehmen, dass der BGH das Verfahren aufgrund der Vorlage an den Europäischen Gerichtshof, ähnlich wie im anderen Verfahren aus Juli 2024, aussetzen wird. Daher ist es nahezu ausgeschlossen, dass die Online-Sportwettenanbieterin Recht bekommt.“