Bundesgerichtshof bestätigt: Kaskadenverweise in Widerrufsinformationen sind nicht zulässig!
Der Bundesgerichtshof hat zum Widerruf von Verbraucherdarlehensverträgen entschieden und mit einem Grundsatzurteil klargstellt, dass Widerrufsinformationen keine Verweise auf eine Vorschrift enthalten dürfen, die wiederum selbst auf weitere Rechtsvorschriften des entsprechenden Mitgliedstaats verweist.
Der Bundesgerichtshof hat ein wesentliches Urteil im Komplex des Widerrufs von Verbraucherdarlehensverträgen gesprochen (Urteil vom 27.10.2020, Az.: XI ZR 498/19) und die vorinstanzlichen Entscheidungen des Landgerichts Heilbronn (Urteil vom 30.10.2018, Az.: 6 O 299/18) und des Oberlandesgerichts Stuttgart (Urteil vom 24.09.2019, Az.: 6 U 339/18) damit aufgehoben. Beklagte war die FCA Bank Deutschland, die zu Fiat-Chrysler gehört. Streitig war die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers. Der Hintergrund: Der Kläger erwarb im Juli 2017 einen gebrauchten Land Rover zum Kaufpreis von 32.500 Euro mit einer Anzahlung von 10.000 Euro. Das Darlehen über 22.500 Euro zu 0,98 Prozent jährlichen Zins- und Tilgungsleistungen sollte über 54 Monate laufen.
„Aufgrund eines Fehlers in der Widerrufsbelehrung wollte der Kreditnehmer am 16. April 2018 den Abschluss des Darlehensvertrag widerrufen und forderte die Rückzahlung der Anzahlung sowie die auf das Darlehen erbrachten Leistungen gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Das hat die FCA Bank als verfristet abgelehnt. Auch die Vorinstanzen sahen alle für die Ingangsetzung der Widerrufsfrist erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 BGB erfüllt und haben daher die Klage abgelehnt. Der vertragliche Passus bezieht sich auf die sogenannte Aufrechnung. Diese liegt vor, wenn zwei Rechtssubjekte einander gleichartige Leistungen schulden und mindestens ein Rechtssubjekt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung dem anderen die Verrechnung dieser Leistungen erklärt“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.
Der Bundesgerichtshof hingegen sah die Widerrufsbelehrung gerade nicht als ausreichend an. Die inhaltliche Verweisung auf alle Pflichtangaben nach § 492 BGB sei nicht klar und verständlich, wie es das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche EGBGB fordert. So habe es auch der Europäische Gerichtshofs gesehen, der mit Urteil vom 26. März 2020 darauf verwies, dass ein Kreditvertrag nicht auf eine nationale Vorschrift verweisen dürfe, die wiederum selbst auf weitere Rechtsvorschriften des entsprechenden Mitgliedstaats verweist. „Kurzum bedeutet das: Die Widerrufsinformation ist insofern fehlerhaft, als dass sie mit Verweis einen Verweis auf § 492 Absatz 2 BGB einen weiteren Verweis auf das EGBGB enthält. Dort heißt es: ‚Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.‘ Das ist also ein sogenannter nichtzulässiger Kaskadenverweis, durch den das Widerrufsrecht niemals erlischt. Klagen gegen eine finanzierende Bank sind also bei Vorliegen dieser Kaskadenverweise möglich, um den Vertrag zu widerrufen“, betont Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung und berät Verbraucher im gesamten Widerrufsrecht.
Am gleichen Tag hat sich der Bundesgerichtshof auch in einem weiteren Fall mit dem Widerrufsrecht befasst (Az.: XI ZR 525/19). Im verhandelten Fall gegen die FCA-Bank ging es um darum, dass mehrere Verträge gemeinsam widerrufen werden können, wenn sie gemeinsam abgeschlossen werden und damit ein „verbundenes Geschäft“ bilden. Das gilt beispielsweise für die Kombination aus Autokauf, Autokredit und Restschuldversicherung, die eben zusammen ein verbundenes Geschäft sind. Auf die Widerrufsfolgen des verbundenen Geschäfts müssen die Banken auch in ihrer Widerrufserklärung hinweisen. Konkret streitgegenständlich war, dass die FCA Bank immer auf die Widerrufsfolgen bei einem verbundenen Geschäft aus Autokredit und Restschuldversicherung hingewiesen hat, selbst wenn gar keine Versicherung abgeschlossen wurde. Der BGH beurteilte das als verwirrend, sodass die Widerrufsbelehrung unwirksam wurde. Damit kann der Kunde seinen Autokredit und den Kauf widerrufen und eine Rückabwicklung fordern.
„Nach Meinung von Experten findet sich die im BGH-Urteil beanstandete Formulierung in den Vertragswerken vieler Autobanken. Dazu gehören unter anderem die Opel Bank, die Audi Bank, die Renault Bank und die VW Bank sowie Santander, BDK, Bank 11, Auto Europa, Targobank und die Commerzbank. Darlehensnehmer sollten sich also dringend mit einem spezialisierten Rechtsanwalt austauschen, um den Autokredit-Widerrufsjoker zu ziehen“, sagt Anwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Gegner bei Widerrufen von Autokreditverträgen ist immer die finanzierende Bank. Daher sollten die Prüfung und Berechnung der Ansprüche und die Klage gegen die Bank von einem erfahrenen Rechtsanwalt durchgeführt werden. Die Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH zieht für Verbraucher den Widerrufsjoker bei der Autofinanzierung und verhilft ihnen zu ihrem Recht. Dasselbe gilt für den Widerrufsjoker bei privaten Leasingverträgen.