Urteil des BGH im Abgasskandal - Auswirkungen auf Daimler
Unzulässige Abschalteinrichtungen bei anderen Autobauern
Der Bundesgerichtshof hat VW im Abgasskandal erstmals zum Abgasskandal verurteilt (Az.: VI ZR 252/19). Der BGH hat entschieden, dass VW die Käufer durch die Verwendung einer unzulässige Abschalteinrichtung vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat und Schadensersatz leisten muss.
„Das Urteil wird nicht nur Auswirkungen auf anhängige Klagen im Zusammenhang mit Fahrzeugen mit dem Motor EA 189 im VW-Abgasskandal haben. Hier wird VW den Klägern wohl Vergleiche anbieten. Es hat auch Auswirkungen auf Klagen beim Nachfolgemotor EA 288, bei den größeren 3-Liter-Dieselmotoren EA 896 und 897 sowie letztlich auch auf andere Hersteller wie Daimler, die Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung benutzt haben“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Daimler musste auch schon zahlreiche Mercedes-Dieselmodelle auf Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) zurückrufen. Das KBA moniert bei den Fahrzeugen unzulässige Abschalteinrichtungen. Daimler hält die Abschalteinrichtungen aus Motorschutzgründen zwar für zulässig, führt die Rückrufe aber durch.
Der BGH führte in seinem Urteil zum VW-Abgasskandal aus, dass durch die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung einerseits eine erhöhte Belastung der Umwelt mit Stickoxiden und andererseits die Gefahr einherging bei einer Aufdeckung dieses Sachverhalts eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung hinsichtlich der betroffenen Fahrzeuge erfolgen könnte.
„Das verhält sich bei den zurückgerufenen Mercedes-Fahrzeugen vergleichbar. Auch hier führen die Abschalteinrichtungen zu erhöhten Emissionswerten bei üblichen Betriebsbedingungen und den Fahrzeugen kann die Stilllegung drohen“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Auch wenn sich das Urteil des BGH zur unzulässigen Abschalteinrichtung beim EA 189 nicht eins zu eins auf Mercedes übertragen lässt, so könnte es doch zu einer erhöhten Gesprächsbereitschaft bei Daimler führen. Zumal der BGH mit Beschluss vom 28. Januar 2020 entschieden hat, dass Schadensersatzklagen gegen Daimler nicht einfach als Vortrag „ins Blaue hinein“ abgewiesen werden dürfen, wenn der Kläger ausreichende Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung liefert.
Zudem wird in Kürze ein wichtiges Urteil des EuGH zum Abgasskandal erwartet. Die EuGH-Generalanwältin Eleanor Sharpston hatte in ihrem Schlussantrag am 30. April bereits erklärt, dass sie Abschalteinrichtungen grundsätzlich für unzulässig hält, wenn sie dazu führen, dass die Grenzwerte beim Emissionsausstoß nicht eingehalten werden. Ausnahmen seien nur in engen Grenzen zum unmittelbaren Schutz des Motors zulässig. Der Schutz vor Verschleiß oder Verschmutzung des Motors gehöre aber nicht zu diesen Ausnahmen.
„Folgt der EuGH in seinem Urteil der Generalanwältin wird es nicht nur für VW, sondern auch für viele andere Autohersteller eng. Denn dann wäre klar, dass auch Thermofenster, wie z.B. Daimler sie bei zahlreichen Modellen verwendet, eine illegale Abschalteinrichtung sind“, so Rechtsanwalt Dr. Hartung.