Audi muss im Abgasskandal Kaufpreis für SQ5 plus Deliktzinsen erstatten
LG Bayreuth 21 O 622/19
Die Abschalteinrichtung beim Audi SQ5 plus 3.0 TDI funktioniere zwar anders als beim durch den Abgasskandal bekannt gewordenen Dieselmotor EA 189, aber sie sei genauso unzulässig. Das entschied das Landgericht Bayreuth mit Urteil vom 23. April 2020 und sprach dem Kläger Schadensersatz zu (Az.: 21 O 622/19).
Der Mandant von Hartung Rechtsanwälte kann das Fahrzeug zurückgeben und Audi muss den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung erstatten. „Erfreulich ist auch, dass das Gericht unserem Mandanten Deliktzinsen in Höhe von jährlich 4 Prozent ab Kaufpreiszahlung zuspricht. Dadurch wird die Nutzungsentschädigung zum Teil wieder aufgefangen“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Der Kläger hatte den Audi SQ5 plus 3.0 TDI zum Nettopreis von rund 55.000 Euro 2017 als Gebrauchtwagen mit einem Kilometerstand von rund 9.300 km gekauft. In dem Fahrzeug wird der Dieselmotor des Typs EA896gen2bit mit der Abgasnorm Euro 6 verwendet. Nachdem das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) eine unzulässige Abschalteinrichtung bei dem Modell festgestellt hatte, folgte im Januar 2019 der Rückruf. Der Kläger machte daraufhin Schadensersatzansprüche geltend.
Die Klage hatte vor dem LG Bayreuth Erfolg. Das KBA habe bei dem Modell eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form einer sog. Aufheizstratege festgestellt. Diese führe zu einer Reduzierung des Stickoxid-Ausstoßes und der Einhaltung der Grenzwerte. Allerdings sei sie fast nur im Prüfmodus aktiv, da sie schon bei kleinen Abweichungen abgeschaltet werde und dadurch der Stickoxid-Ausstoß erhöht werde. Diese Abweichung sei nicht zulässig und verstoße gegen die EG-Typengenehmigung, so das Gericht.
„Auch wenn die Technik zur Optimierung des Stickoxidemissionsverhaltens auf dem Prüfstand damit beim Motor EA896gen2bit (Aufheizstrategie) eine andere ist als beim EA189 (höhere Abgasrückführungsrate), dient sie mangels anderer plausibler Erklärung ebenso der bewussten Täuschung zur rechtswidrigen Erlangung der EG-Typengenehmigung (…)“, fand das Gericht deutliche Worte.
Der Pkw sei durch die Abgasmanipulationen schon beim Abschluss des Kaufvertrags mangelhaft gewesen. Ein Käufer dürfe davon ausgehen, dass ein Fahrzeug den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Die Täuschung sei auch ursächlich für die Kaufentscheidung des Klägers gewesen. Er habe daher Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags, entschied das LG Bayreuth.
Gegen Rückgabe des Fahrzeugs muss Audi den Kaufpreis erstatten. Für die rund 21.500 Kilometer, die der Kläger mit dem SQ5 gefahren ist, darf Audi eine Nutzungsentschädigung in Höhe von ca. 8.400 Euro abziehen. Unterm Strich erhält der Kläger somit rund 46.600 Euro plus Zinsen.
„Schadensersatzansprüche lassen sich nicht nur bei Fahrzeugen mit dem kleineren Motor EA189 durchsetzen, sondern auch bei Fahrzeugen mit dem größeren 3-Liter-Dieselmoren. Das gilt umso mehr, nachdem die EuGH- Generalanwältin Eleanor Sharpston Ende April deutlich gemacht, dass sie Abschalteinrichtungen für grundsätzlich unzulässig hält, wenn sie dazu führen, dass die Grenzwerte beim Emissionsausstoß überschritten werden“, so Rechtsanwalt Dr. Hartung.