Audi-Dieselskandal: Verbraucherfreundliches Urteil zu Dreiliter-Audi A6 Avant mit EA897
Dreiliter-Dieselmotoren vom Typ EA897 sind flächendeckend vom Audi-Dieselskandal betroffen. Das hat jetzt auch das Landgericht Bielefeld gezeigt. Streitgegenständlich war ein Audi A6 Avant 3.0 TDI mit dem Motortyp EA897 und der Abgasnorm Euro 6. Im Kern ging es um die sogenannte Strategie A. Diese findet sich oft im Motorsteuergerät als Abschalteinrichtung in den EA897-Fahrzeugen.
Ein weiteres Urteil gegen die Audi AG zeigt, dass der Autohersteller weiterhin mitten im Dieselabgasskandal steht. Vor dem Landgericht Bielefeld wurde am 11. Mai 2021 die Klage eines geschädigten Verbrauchers verhandelt (Az.: 6 O 547/20). Streitgegenständlich war ein Audi A6 Avant 3.0 TDI mit dem Motortyp EA897 und der Abgasnorm Euro 6. Die Audi AG wurde zu Schadenersatz in Höhe von 29.083,43 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29. Januar 2021 verurteilt. Sie muss den Kläger auch von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.474,88 Euro freistellen und 89 Prozent der Kosten des Rechtsstreits übernehmen. Der Kläger hatte das Fahrzeug am 18. Januar 2018 zu einem Kaufpreis von 41.000 Euro erworben. Die Laufleistung des Fahrzeugs betrug zu diesem Zeitpunkt 33.000 Kilometer, zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung 110.603 Kilometer.
Das Fahrzeug des Klägers unterliegt einem verpflichtenden Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) zur Entfernung unzulässiger Abschalteinrichtungen. In diesem Bescheid vertritt das KBA die Auffassung, in dem Fahrzeug komme (zumindest) eine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz. Im Kern geht es um die sogenannte Strategie A. Diese findet sich oft im Motorsteuergerät als Abschalteinrichtung in den EA897-Fahrzeugen. Bei der Strategie A handelt es sich um die sogenannte Aufheizstrategie. Diese springt im Wesentlichen nur beim Durchlaufen des Prüfstandsverfahrens des Neuen Europäischen Fahrzyklus NEFZ an, wird aber im realen Verkehr hingegen nicht aktiviert. Dadurch wird das Stickoxidemissionsverhalten des Fahrzeugs auf dem Prüfstand gegenüber dem Emissionsverhalten im normalen Fahrbetrieb verbessert.
„Der Kläger hat damit mit dem Vortrag zu der dargelegten unstreitigen Abschalteinrichtung und der unstreitigen Betroffenheit seines eigenen Fahrzeugs von der Abschalteinrichtung hinreichend substantiiert vorgetragen, dass es sich bei der Aufheizstrategie um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele, während die Beklagte nicht wirksam bestritten hat, dass die Aufheizstrategie des vorliegend betroffenen Motortyps eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt. Daraus resultiert letztlich auch die Verurteilung nach § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Laut Gericht stehe fest, dass Parameter für die Motoraufwärmfunktion vorgegeben gewesene seien, die auf den Prüfstand zugeschnitten gewesen seien und gewährleistet hätten, dass die Funktion dort gewirkt habe. Vor diesem Hintergrund könne nicht angenommen werden, dass die Funktion im realen Straßenverkehr überhaupt eine echte schadstoffmindernde Wirkung gehabt haben sollte. Vielmehr sei davon auszugehen, dass sich der eigentliche Sinn der Funktion darin erschöpft habe, auf dem Prüfstand niedrige NOx-Werte zu erzielen und dabei vorzutäuschen, diese Werte würden auch im realen Straßenverkehr erreicht. Die gesamte Konstruktion sei daher darauf ausgelegt gewesen, über die Manipulation zu täuschen.
Kurz gesagt: „Dreiliter-Dieselmotoren vom Typ EA897 sind flächendeckend vom Dieselskandal betroffen, und zwar sowohl in der Abgasnorm Euro 5 als auch in der neueren Norm Euro 6. Damit ist das landgerichtliche Urteil ein weiteres Beispiel dafür, wie erfolgreich eine Betrugshaftungsklage geschädigter Verbraucher gegen Autohersteller sein kann“, betont Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung.