Audi-Abgasskandal rund um den Motor EA896 setzt sich fort: Auch zweite Generation betroffen!
Das Landgericht Köln hat die Audi AG wegen Abgasmanipulationen in einem Audi Q5 3.0 TDI Quattro mit einem Motor der Baureihe EA896 Gen2 (Abgasnorm Euro 5) wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB verurteilt. Vor allem ist das sogenannte Thermofenster streitgegenständlich. Interessant sind dabei die Verweise auf die problematische Temperaturabhängigkeit: In Deutschland ist es nur selten durchschnittlich so warm, dass die Abgasreinigung vollständig funktioniert.
Neben der Volkswagen AG und der Daimler AG kommt auch der Autobauer Audi nicht aus den Schlagzeilen des Diesel-Abgasskandals heraus – und kassiert mehr und mehr Urteile vor deutschen Landes- und sogar Oberlandesgerichten. Jetzt hat das Landgericht Köln (Urteil vom 12.02.2021, Az.: 20 O 32/20) die Audi AG wegen Abgasmanipulationen in einem Audi Q5 3.0 TDI Quattro mit einem Motor der Baureihe EA896 Gen2 (Abgasnorm Euro 5) wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB verurteilt. Der Autokonzern muss 32.075,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von vier Prozent zwischen dem 7. Mai 2019 und dem 3. März 2020 und in Höhe von fünf Prozent seit dem 4. März 2020 für den Audi Q5 3.0 TDI Quattro (Baujahr 2011, Laufleistung bei Kauf am 5. November 2014 88.441 Kilometer, Laufleistung am 20. November 2020 138.487 Kilometer) zu zahlen. Dabei wird eine Nutzungsentschädigung in Abzug gebracht. Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 85 Prozent der Audi AG auferlegt. Der Dieselmotor des Typs EA896 ist der Vorgänger des EA897, der auch nicht aus den Schlagzeilen kommt.
„Im Grundsatz ist der Tenor für das verbraucherfreundliche Urteil aus anderen Verfahren bekannt. Vor allem ist das sogenannte Thermofenster streitgegenständlich. Dabei funktioniert die Abgasreinigung nur innerhalb des Temperaturbereichs der Außenluft von 17 bis 30 Grad Celsius zu 100 Prozent. Das ist definitiv eine unzulässige Abschalteinrichtung, obgleich die Audi AG die Unzulässigkeit bestreitet“, erläutert der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Interessant sind die Verweise auf die problematische Temperaturabhängigkeit. Die vollständige Abgasreinigung findet in einem Temperaturbereich statt, der in Deutschland nur selten beschritten wird. Die monatliche Durchschnittstemperatur lag im Jahr 2020 als einem der wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen nur in den Monaten Juni, Juli und August über 15 Grad Celsius. In den übrigen neun Monaten lag sie deutlich darunter. Damit steht laut dem Gericht fest, dass in dem Fahrzeug ein Konstruktionsteil verbaut ist, da die Umgebungslufttemperatur ermittelt, um die Funktion eines Teils des Emissionskontrollsystems zu verändern beziehungsweise zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird. Anhand der monatlichen Durchschnittstemperaturen ist ohne weiteres erkennbar, dass die Abschalteinrichtung durchschnittlich in neun von zwölf Monaten dauerhaft aktiv ist. Das Maß der Verringerung der Abgasrückführung sei dabei unerheblich.
Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung verweist auch einmal mehr auf die Grundsätze der sekundären Darlegungslast. In diesem Rahmen muss sich der Autohersteller von den Vorwürfen im Abgasskandal aktiv und mit weitreichenden Erklärungen zur Funktionsweise der Technologien entlasten. Diesem Grundsatz habe die Audi AG in keiner Weise entsprochen. Sie habe schon nicht behauptet, dass das Thermofenster unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, nicht die vom Kläger dargelegten massiven Grenzwertüberschreitungen zur Folge hat.
Übrigens: Das Oberlandesgericht Naumburg hat in einem Hinweisbeschluss vom 29. Juni 2020 darauf hingewiesen, dass mögliche Ansprüche von Klägern hinsichtlich des Motors EA896 nicht verjährt seien. Dr. Hartung sagt: „Insofern steigen die Chancen für geschädigte Dieselkunden immer weiter, im Rahmen des Abgasskandals finanziell weitreichend entschädigt zu werden. Daher sollten sich geschädigte Verbraucher nicht scheuen, den Weg der Betrugshaftungsklage zu gehen.“