Audi-Abgasskandal: Hoher Schadenersatz für A6 Avant 3.0 TDI
Ein geschädigter Verbraucher erhält für die Manipulationen an einem Audi A6 Avant 3.0 TDI mit dem Motor EA897evo der Abgasnorm Euro 6 Schadenersatz in Höhe von 31.565,25 Euro nebst Zinsen – bei einem Stand von 144.840 Kilometern. Vor allem konzentriert sich das Gericht auf die sogenannte Strategie A.
Für die Manipulationen an einem Audi A6 Avant 3.0 TDI mit dem Motor EA897evo der Abgasnorm Euro 6 erhält ein geschädigter Verbraucher weitreichenden Schadenersatz. Er hatte das Fahrzeug im Dezember 2017 zu einem Kaufpreis von 47.000 Euro erworben und im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung einen Kilometerstand von 144.840 Kilometern. Die Audi AG wurde demnach vom Landgericht Bonn (Urteil vom 27.05.2021, Az.: 13 O 115/30) dazu verurteilt, Schadenersatz in Höhe von 31.565,25 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. August 2020 und darüber hinaus 1.751,80 Euro für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. August 2020 zu zahlen. Die Audi AG muss zudem 87 Prozent der Kosten des Rechtsstreits übernehmen.
Das streitgegenständliche Fahrzeug unterliegt einem amtlichen Rückruf (Rückrufaktion Code 23X6) des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA). „Grund hierfür ist, dass in der Motorsteuergerät-Software des auf Sie zugelassenen Fahrzeugs eine unzulässige Abschalteinrichtung installiert ist, welche zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs entfernt werden muss“, heißt es in dem Schreiben.
„Vor allem geht es dabei um die sogenannte Strategie A. Bei der Strategie A handelt es sich um die sogenannte Aufheizstrategie. Diese springt im Wesentlichen nur beim Durchlaufen des Prüfstandsverfahrens des Neuen Europäischen Fahrzyklus NEFZ an, wird aber im realen Verkehr hingegen nicht aktiviert. Dadurch wird das Stickoxidemissionsverhalten des Fahrzeugs auf dem Prüfstand gegenüber dem Emissionsverhalten im normalen Fahrbetrieb verbessert“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde und hat das obsiegende Urteil vor dem Landgericht Bonn erstritten.
Diese Verwendung laufe letztlich auf die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB hinaus. Die Beklagte habe durch das Inverkehrbringen des von ihr hergestellten Motors mit der unzulässigen Abschalteinrichtung gegen die guten Sitten verstoßen, heißt es beim Gericht. Der Hintergrund: Die Aufheizstrategie wirke wegen der engen Bedatung der Schaltbedingungen nahezu ausschließlich im Neuen Europäischen Fahrzyklus und bei den dort definierten Prüfbedingungen, während schon kleine Abweichungen in Fahrprofil und Umgebungsbedingungen zur Abschaltung der Aufheizstrategie führten.
Das bedeutet: „Im realen Fahrbetrieb hält das Fahrzeug die Grenzwerte nicht ein, lediglich auf dem Prüfstand würden Abgaswerte erreicht, die die Euro 6 Norm erfüllen. Nach dem Update wird auch nach Angaben der Beklagten eine größere Menge an AdBlue verbraucht. Auch dies zeigt, dass die vorherige Programmierung der Fahrzeuge im Echtbetrieb höhere Abgaswerte hatte, als dies nun nach der Implementierung der Abgaswerte der Fall ist“, nennt Dr. Hartung Gründe für das Urteil.
Vor dem Landgericht Magdeburg hatte Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung kürzlich ein ähnliches Urteil erstritten. Die Audi AG musste Schadenersatz in Höhe von 45.737,03 Euro nebst Zinsen im Abgasskandal zahlen (Urteil vom 22.04.2021, Az.; 10 O 1448/19) und einen Audi A6 Avant 3.0 TDI competition zurücknehmen. „In der Software der Motorsteuerung des Fahrzeugs war nach den Feststellungen des Kraftfahrt-Bundesamts eine Funktion programmiert, welche dazu führte, dass der SCR-Katalysator unter den Typprüfbedingungen des NEFZ schneller auf seine Betriebstemperatur aufgeheizt wurde als unter realen Betriebsbedingungen. Die Bedingungen zur Aktivierung waren so gewählt, dass sie gewöhnlicherweise nur während einer Abgasmessung auf einem Rollenprüfstand aber nur selten bis nie im normalen Fahrbetrieb vorliegen“, erklärt der Dieselanwalt.
Er verweist auch auf ein weiteres Argument des Gerichts: „Im Übrigen ist auch nicht im Ansatz erkennbar, dass der Programmierung der Motorsteuerungssoftware eine in irgendeiner Weise im Ansatz vertretbare Rechtsauffassung zu Grunde liegt. Eine bloß grob fahrlässige Verkennung der Rechtslage ist nicht erkennbar, weil diese Motorsteuerungssoftware keinen anderen Zweck verfolgen kann als die Reduktion der NOx-Emissionen im Prüfstandsbetrieb. Andere gewichtige Gründe wie zum Beispiel der Motorschutz sind nicht ansatzweise erkennbar.“