Mercedes Abgasskandal – LG Stuttgart erleichtert Schadensersatzklagen
Daimler muss Zulässigkeit des Thermofensters beweisen
Mercedes muss beweisen, dass die Abgasreinigung in den Dieselmotoren sauber arbeitet und nicht der Verbraucher, dass Daimler möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet. Das hat jetzt das LG Stuttgart entschieden. „Das ist ein echter Meilenstein für die Verbraucher. Schadensersatzklagen gegen Mercedes werden sich nun besser durchsetzen lassen“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Unstrittig verwendet Mercedes bei zahlreichen Diesel-Modellen ein sog. Thermofenster bei der Abgasrückführung. Allerdings wird durch diese Funktion die Abgasrückführung bei niedrigen und sehr hohen Außentemperaturen reduziert, was zu einem höheren Ausstoß von gesundheitsschädigenden Stickoxiden führt. Das Landgericht Mönchengladbach hat bei einem Mercedes C 220 Diesel mit dem Motor z.B. schon entschieden, dass es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt und Mercedes zum Schadensersatz verurteilt (Az.: 1 O 248/18). Ähnlich hat auch das Landgericht Stuttgart geurteilt. Daimler steht allerdings auf dem Standpunkt, dass die Funktion legal und zum Motorschutz notwendig sei.
Fakt ist, dass solche Abschaltfunktionen nur ausnahmsweise zulässig sind. Das LG Mönchengladbach stellte klar, dass eine Notwendigkeit nicht vorliege, wenn die Funktion schon unter üblichen Bedingungen im alltäglichen Betrieb des Fahrzeugs eingreife. Dies gelte umso mehr, wenn auch andere technische Lösungen zur Verfügung ständen.
Strittig ist, in welchen Temperaturbereichen die Abgasrückführung reduziert wird. Hier hat das LG Stuttgart den Ball nun zu Daimler gespielt. Der Autohersteller muss beweisen, dass bei der Abgasreinigung keine unzulässigen Funktionen verwendet werden. „Diese Beweislastumkehr ist für geschädigte Mercedes-Kunden eine echte Trendwende. Für sie wird es einfacher, Schadensersatzansprüche gegen Mercedes durchzusetzen. Unabhängig davon, ob für das Modell ein verpflichtender Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt vorliegt“, erklärt Rechtsanwalt Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.