Schadensersatz beim Mercedes E 220 CDI wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung
LG Stuttgart 29 O 181/19
Nach einem aktuellen Urteil des Landgerichts Stuttgart muss Daimler dem Käufer eines Mercedes E 220 CDI Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung leisten (Az.: 29 O 181/19).
Der Kläger hatte den Mercedes E 220 CDI mit dem Motor des Typs OM 651 und der Abgasnorm Euro 5 als Gebrauchtwagen gekauft. Im Prüfmodus unter Laborbedingungen bei Außentemperaturen zwischen 20 und 30 Grad hält das Fahrzeug den Grenzwert für den Stickoxid-Ausstoß ein, im realen Straßenbetrieb wird dieser Wert jedoch überschritten.
Der Kläger machte daher im April 2019 Schadensersatzansprüche gegen Daimler wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung geltend. Das LG Stuttgart gab der Klage weitgehend statt. Daimler habe den Kläger vorsätzlich sittenwidrig geschädigt und müsse den Mercedes E 220 CDI daher zurücknehmen und den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung erstatten.
Als Daimler das Fahrzeug in den Verkehr gebracht hat, habe es die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllt, so dass die Voraussetzungen für die EG-Typengenehmigung nicht vorlagen, erklärte das LG Stuttgart. Voraussetzung für die EG-Typengenehmigung sei u.a., dass die Grenzwerte beim Emissionsausstoß eingehalten werden – nicht nur im Prüfmodus, sondern auch unter normalen Nutzungsbedingungen.
Zudem dürfe der Hersteller keine unzulässige Abschalteinrichtung bei der Abgasreinigung verwenden und dadurch die Grenzwerte umgehen. Gegen diese Verpflichtungen habe Daimler verstoßen, stellte das Gericht klar.
Denn Daimler habe bei dem Fahrzeug ein Thermofenster verwendet, das dafür sorgt, dass die Abgasreinigung in bestimmten Temperaturbereichen zurückgefahren bzw. abgeschaltet wird. Abschalteinrichtungen seien nur ausnahmsweise unter sehr engen Voraussetzungen zulässig, so das LG Stuttgart. Ein Emissionskontrollsystem, das schon bei Außentemperaturen unter 20 Grad die Grenzwerte nicht einhält, erfülle die Anforderungen der EG-Verordnung nicht und stelle auch keine zulässige Ausnahme dar, da Temperaturen unter 20 Grad der Regelfall seien, so das LG Stuttgart.
So sei letztlich auch der Käufer über die uneingeschränkte Betriebserlaubnis des Fahrzeugs getäuscht worden, obwohl tatsächlich die Gefahr bestand, dass die Zulassung widerrufen wird. Dem Kläger sei daher schon mit Abschluss des Kaufvertrags ein Schaden entstanden, entschied das LG Stuttgart.
Es ist nicht die erste Niederlage, die Daimler im Abgasskandal einstecken muss. Verschiedene Gerichte haben Daimler wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung schon zu Schadensersatz verurteilt. „Dabei kommen die beanstandeten Thermofenster in vielen Mercedes-Diesel-Modellen zum Einsatz. Es bestehen daher gute Chancen, Schadensersatzansprüche gegen Daimler durchzusetzen. Ob ein Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts für das Fahrzeug vorliegt, ist dabei nicht entscheidend“, sagt Rechtswalt Dr. Gerrit W. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.