VW Abgasskandal – LG Augsburg hält Kaufvertrag von Anfang an für nichtig
Verjährung spielt keine Rolle
Zu den bemerkenswertesten Entscheidungen im VW-Abgasskandal gehört ein Urteil des Landgerichts Augsburg vom 7. Mai 2018. Das Landgericht hat entschieden, dass ein Kaufvertrag über ein von Abgasmanipulationen betroffenes Auto von Anfang an als nichtig anzusehen und daher rückabzuwickeln ist.
„Bemerkenswert an dem Urteil ist besonders, dass das Landgericht Augsburg den Kaufvertrag von Anfang an als nichtig betrachtet hat. Daher spielten Verjährungsfristen aus dem Kaufrecht, zwei Jahre bei Neuwagen, ein Jahr bei Gebrauchtwagen, keine Rolle. Diese Entscheidung kann Signalwirkung auf die Rechtsprechung vieler anderer Gerichte haben“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung, der selbst mehr als 1000 Mandanten im VW-Abgasskandal vertritt.
In dem zu Grunde liegenden Fall hatte der Kläger schon im Jahr 2012 einen VW Passat TDI bei einem Händler gebraucht gekauft. Es galt die für Gebrauchtwagen übliche Gewährleistungsfrist von einem Jahr. In dem Passat war der Motor des Typs EA 189 mit der Manipulationssoftware verbaut. Als der Käufer davon erfuhr, verlangte er die Rückabwicklung des Kaufvertrags.
Obwohl die Gewährleistungspflicht des Händlers schon lange abgelaufen war, entschied das LG Augsburg, dass der Händler den VW Passat zurücknehmen und den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung erstatten muss. Die Gewährleistungspflicht aus dem Kaufrecht spiele keine Rolle, da der Kaufvertrag von Anfang nichtig gewesen sei.
Dies begründete das Gericht damit, dass keine gültige EU-Übereinstimmungserklärung vorgelegen habe, über die jedes in der EU verkaufte Fahrzeug verfügen muss. Damit sei gegen EU-Recht verstoßen worden.
Zwar wurde dem Kläger beim Kauf des Wagens eine EU-Übereinstimmungsbescheinigung übergeben. Damit wurde bestätigt, dass das Fahrzeug der erteilten EU-Typengenehmigung in jeder Hinsicht entspricht. Doch das sei bei Fahrzeugen mit manipulierten Abgaswerten gerade nicht der Fall, argumentierte das LG Augsburg. Durch die Abgasmanipulationen wichen die Fahrzeuge von der erteilten Typengenehmigung ab und hätten nach § 27 Abs. 1 EG-FGV überhaupt nicht verkauft werden dürfen. Der Kaufvertrag sei daher von Anfang an nichtig gewesen und rückabzuwickeln.
Dass die Gewährleistungsansprüche schon verjährt waren, spiele keine Rolle. Denn es greife die dreijährige Frist, ab der der Kläger wusste, dass sein Auto von den Abgasmanipulationen betroffen ist. „Der Abgasskandal wurde erst im Herbst 2015 bekannt, viele geschädigte Verbraucher wurden erst 2016 von VW angeschrieben und über den Rückruf informiert. Daher können Schadensersatzansprüche noch mindestens bis Ende 2018 geltend gemacht werden. Dann droht allerdings die Verjährung der Ansprüche“, so Rechtsanwalt Dr. Hartung, Kooperationsanwalt der IG Dieselskandal.