Abgasskandal: Thermofenster bei der Abgasreinigung nach Software-Update
EuGH soll über Klage der Deutschen Umwelthilfe entscheiden - C-873/19
Software-Update und eine Entschädigungszahlung – wenn auch nur für Teilnehmer an der Musterklage gegen VW – und dann ist der Abgasskandal so gut wie erledigt. „So einfach hätte VW es wohl gerne. So einfach ist es aber nicht. Zumal sich die Frage stellt, ob die Software-Updates nicht ebenfalls eine unzulässige Abschalteinrichtung enthalten. Der EuGH wird demnächst über eine entsprechende Klage der Deutschen Umwelthilfe entscheiden“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Nachdem der Abgasskandal bekannt wurde, sollte durch ein Software-Update die unzulässige Abschalteinrichtung bei Fahrzeugen des VW-Konzerns mit dem Dieselmotor EA 189 entfernt werden. Das Kraftfahrt-Bundesamt erteilte im Laufe des Jahres 2016 grünes Licht für die Updates. Nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hätten die Updates gar nicht freigegeben werden dürfen, da sie immer noch über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfügen. Diesmal in Form eines sog. Thermofensters bei der Abgasreinigung. Demnach würde die Abgasreinigung bei Temperaturen unter 10 Grad drastisch verringert. Folge wäre, dass Millionen von Dieselfahrzeugen immer noch mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung unterwegs wären. Die DUH hatte deshalb gegen das Kraftfahrt-Bundesamt vor dem Verwaltungsgericht Schleswig geklagt.
Problem: Das VG Schleswig hält die DUH nach nationalem Recht nicht für klageberechtigt. Das Gericht hat das Verfahren daher ausgesetzt und den Europäischen Gerichtshof eingeschaltet. Der EuGH soll die Klagebefugnis von Umweltverbänden klären und dann ggf. auch zur Zulässigkeit von Thermofenstern (Az. C-873/19).
Entscheidet der EuGH, dass die DUH klageberechtigt ist, geht es weiter um die Frage, ob das verwendete Thermofenster zulässig ist. Nach der Emissions-Grundverordnung sind Abschalteinrichtungen nur in absoluten Ausnahmefällen zulässig. „Eine Ausnahme dürfte aber nicht gegeben sein, wenn das Thermofenster dazu führt, dass die Abgasreinigung schon bei durchschnittlich herrschenden Temperaturen erheblich reduziert oder ganz abgeschaltet wird“, so Rechtsanwalt Dr. Hartung.
Eine Entscheidung des EuGH, dass die Fahrzeuge auch nach dem Software-Update einen unzulässige Abschalteinrichtung enthalten, hätte erhebliche Auswirkungen auf die betroffenen Fahrzeuge. Auch Stilllegungen könnten drohen.
„Obwohl der Vergleich im Musterverfahren geplatzt ist, hat VW angekündigt, den Teilnehmern an der Musterklage eine Entschädigung anzubieten. Verbraucher sollten genau hingucken, an welche Bedingungen VW eine solche Zahlung knüpft. Sollen sie im Gegenzug auf alle weiteren Rechte und Ansprüche im Abgasskandal verzichten, kann das ein schlechtes Geschäft sein“, so Rechtsanwalt Dr. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.