Betriebsbedingte Kündigung: Abfindung oder Weiterbeschäftigung?
Nicht immer, aber in manchen Einzelfällen stellt sich nach einer betriebsbedingten Kündigung die Frage, ob man sich als Arbeitnehmer für eine Abfindung entscheiden oder auf Weiterbeschäftigung bestehen soll. Die Aussicht auf eine Abfindung klingt im ersten Moment verlockend, vor allem dann, wenn man selbst nicht im Unternehmen bleiben möchte und froh ist, dass die Kündigung erfolgt ist. Aber auch in diesem Fall gibt es die unterschiedlichsten Aspekte, die Beachtung verdienen. Nur wer mit kompetenter Unterstützung durch einen Fachanwalt für Arbeits- und/oder Sozialrecht bzw. durch einen Experten für Arbeitsrecht alle Gesichtspunkte beleuchtet, wird langfristig mit seiner Entscheidung zufrieden sein.
Anspruch auf Weiterbeschäftigung: Umsetzbar oder Fiktion?
Kündigungsschutzklagen, auch solche gegen betriebsbedingte Kündigungen, enthalten in der Regel den Antrag, dass gekündigte Arbeitnehmer über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus weiterbeschäftigt werden sollen. Erfolgte die betriebsbedingte Kündigung deshalb, weil nur ein Teil eines Unternehmens stillgelegt wurde oder der Arbeitsplatz der Betroffenen weggefallen ist, kann dieser Antrag hinreichende Aussichten auf Erfolg haben.
Weiterbeschäftigung statt Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung: Rentenanwartschaft
Wem nur noch wenige Monate bis zum Erreichen der vollen Anwartschaft auf eine Rente fehlen, der ist fast immer besser beraten, wenn er den Anspruch auf Weiterbeschäftigung vor dem Arbeitsgericht geltend macht. Ältere Arbeitnehmer, die das Rentenalter fast erreicht haben, werden zudem kaum einen neuen Arbeitsplatz finden, das Resultat ist Arbeitslosigkeit.
Zwar übernimmt das Jobcenter die Beiträge zur Rentenversicherung, ebenso zählen die Monate der Arbeitslosigkeit für die Rentenanwartschaft. Nicht angerechnet wird das Arbeitslosengeld jedoch auf die Höhe der zu erwartenden Rente. Sie bleibt auf dem Stand, der vor der Kündigung erreicht wurde.
Mangelhafte Sozialauswahl: Anspruch auf Weiterbeschäftigung
Während bei Massenkündigungen aufgrund von Betriebsveränderungen oder Betriebsstilllegungen nahezu immer ein Sozialplan erstellt wird, bleibt die Sozialauswahl bei Einzelkündigungen oft unberücksichtigt. Vorausgesetzt, dem Arbeitnehmer liegt daran, im Betrieb zu verbleiben, kann eine fehlende Sozialauswahl gerügt werden. Hier spielen Beschäftigungsjahre, Lebensalter und persönliche Verhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer eine Rolle.
Bleiben andere vergleichbare Arbeitsplätze erhalten, müssen die Sozialkriterien – notfalls durch das Arbeitsgericht – überprüft werden. Erst wenn dieser Antrag nicht greift, kann eine Entscheidung im Einzelfall darüber gefällt werden, ob nicht doch eine Abfindung nach betriebsbedingter Kündigung die bessere Wahl ist.
Spiel auf Zeit: neue Anstellung in Aussicht
Wer nach einer betriebsbedingten Kündigung bereits einen anderen Arbeitsplatz in Aussicht hat, kann durch den Antrag auf Weiterbeschäftigung oft finanzielle Nachteile vermeiden. Abfindungen werden auf Arbeitslosengeld angerechnet, sie müssen zudem versteuert werden. Ein Rutschen in eine höhere Steuerprogression kann ebenfalls die Folge sein. Ebenso tritt bei Arbeitslosigkeit der bereits erwähnte Nachteil ein, dass sich die Rente während des Bezugs von Arbeitslosengeld nicht erhöht.
Können dagegen Arbeitnehmer noch eine gewisse Zeit auf ihrem Arbeitsplatz zu gleichen Bedingungen weiterbeschäftigt werden, beziehen sie den bisherigen Arbeitslohn weiter. In diesen Fällen ist es also ein Rechenexempel, ob eine Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung gewählt werden soll oder die Weiterbeschäftigung – in diesem Fall auf Zeit – mehr finanzielle Vorteile bringt.
Abfindung plus Weiterbeschäftigung: Änderungskündigung mit Arbeitszeitreduzierung
Möglich ist auch eine Kombination aus Weiterbeschäftigung und Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung. Sie kommt dann infrage, wenn durch eine Umstrukturierung des Unternehmens ein Ganztagsarbeitsplatz in eine Teilzeitstelle umgewandelt werden soll. Ein weiterer häufiger Grund ist der, dass Arbeitnehmer auf einen schlechter bezahlten Arbeitsplatz versetzt werden sollen.
Arbeitnehmer müssen sich mit Änderungskündigungen nicht abfinden. Im Rahmen einer Kündigungsschutzklage kann sowohl der Anspruch auf Weiterbeschäftigung als auch der auf Zahlung einer Abfindung – meistens im Wege eines Vergleichs – durchgesetzt werden. Die Abfindung dient hier ebenfalls dem Zweck, finanzielle Nachteile auszugleichen. Bei Änderungskündigungen sind die Sachverhalte meist sehr komplex, fachlich kompetente Hilfe ist dann zur Entscheidungsfindung jedenfalls unerlässlich. Auch wenn die persönliche Einstellung zur Kündigung offensichtlich sein mag, kann aus taktischen Gründen der eine oder andere Weg langfristig gesehen vorteilhafter sein. Eine ausführliche juristische Beratung oder schlussendlich der Gang zum Arbeitsgericht nach Abwägung aller für- und widersprechender Gesichtspunkte können hier angebracht sein.
Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung: Entscheidungshilfen
Ist eine betriebsbedingte Kündigung mit einem Sozialplan verknüpft, stellt sich nur selten die tatsächliche Frage nach einer Weiterbeschäftigung. Im Sozialplan ist zudem genau festgelegt, in welcher Höhe eine Abfindung bezahlt wird.
Bei Einzelkündigungen hängt es jedoch mitunter vom Verhandlungsgeschick des Mitarbeiters ab, welche Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung gezahlt wird. Vielfach sind Unternehmen bereit, über die üblichen Abfindungssätze hinauszugehen, wenn im Gegenzug auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet wird.
Wichtig: Bieten Arbeitgeber im Rahmen der Kündigungsschutzklage eine Weiterbeschäftigung an, sollte diese angenommen werden. Hier kann der Anspruch auf eine Abfindung erlöschen, falls eine entsprechende Betriebsvereinbarung geschlossen oder eine diesbezügliche Klausel in den Sozialplan aufgenommen wurde.
Möglich ist es jedoch, einen Antrag dahingehend zu stellen, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Hier braucht es allerdings genau begründete Angaben, damit Erfolgsaussichten bestehen.
Abfindung und Arbeitslosengeld: Anrechnung und Sperren
Wird die Abfindung gezahlt, weil der Arbeitnehmer nicht nur die Kündigung anerkennt, sondern auch eine vorgezogene Kündigungsfrist, kann dies zur Sperre beim Arbeitslosengeld führen. Das Jobcenter hat die Möglichkeit, dies bis zum Inkrafttreten der normalen Kündigungsfrist auszudehnen. Dem ersten Impuls nachzugeben, möglichst rasch aus dem Unternehmen zu kommen, kann folglich zum Eigentor in Sachen Arbeitslosengeld werden.
Von Relevanz ist zudem, ob die Abfindung, auch Entlassungsentschädigung genannt, im Hinblick auf Arbeitslosengeld 1 oder auf Bürgergeld, früher Hartz IV, zu betrachten ist. Auch die Höhe der Abfindung kann ausschlaggebend für die zutreffende Entscheidung sein. Geht sie über aktuell geltende Freibeträge hinaus, wird die Abfindung auf Sozialleistungen angerechnet.
Abfindung und Steuer: Steuerpflicht und Progression beachten
Abfindungszahlungen sind generell steuerpflichtig. Es besteht die Möglichkeit, die Fünftelungsregelung nach § 34 Abs. 1 EStG anzuwenden und so Steuern zu sparen. In der Regel bietet diese Variante einen Vorteil, wenn durch die Abfindung eine höhere Steuerprogression eintreten würde.
Auch hier lohnt sich das Durchrechnen, ob die Abfindung überhaupt einen nennenswerten finanziellen Vorteil darstellt oder ob nicht doch eine Weiterbeschäftigung sinnvoller wäre.
Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung: Sozialabgaben
Eine gute Nachricht für alle, die eine betriebsbedingte Kündigung mit der Aussicht auf Abfindung erhalten haben, nun zum Schluss: Diese Abfindungszahlung unterliegt nicht der Sozialversicherung. Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung müssen für den Abfindungsbetrag nicht bezahlt werden.
Hier lohnt sich wiederum das Rechenexempel, bei dem man das Arbeitsentgelt nach Abzug der Sozialabgaben dem Abfindungsbetrag gegenüberstellt. Fachlich versierte Rechtsanwälte, die zudem mit steuerlichen Angelegenheiten vertraut sind, oder ein Rechtsanwalt plus Steuerberater geben hier wertvolle Entscheidungshilfen.