Rückzahlung von Wetteinsätzen an Verbraucher – Tipico ohne gültige Lizenz für Online-Sportwetten bis zum 8. Oktober 2020!
Das Landgericht Frankfurt am Main hat in einem Rechtsstreit zwischen einem Kläger und der maltesischen Tipico Co. Limited entschieden, dass der Glücksspielanbieter verpflichtet ist, dem Kläger einen Betrag von 43.289,37 Euro, der aus nicht lizenzierten Online-Sportwetten verloren wurde, zu erstatten.
Die Glücksspielanbieterin Tipico Co. Limited erhielt erst 2020 eine Konzession zur Veranstaltung von Sportwetten. Bis dahin betrieb das maltesische Unternehmen ihr Angebot in Deutschland ohne die erforderliche Erlaubnis. Das Landgericht Frankfurt am Main entschied nun zugunsten eines geschädigten Verbrauchers und sprach Tipico die Rückzahlung seiner Verluste aus Online-Sportwetten zu. Der Kläger hatte zwischen Dezember 2016 und Dezember 2019 auf der deutschsprachigen Website der Beklagten Wetten abgeschlossen und dabei 50.115 Euro eingezahlt, jedoch nur 6.715,78 Euro zurückerhalten, sodass ein Verlust von 43.289,37 Euro verblieb. Der Kläger argumentierte, dass die Verträge aufgrund eines Verstoßes gegen den Glücksspielstaatsvertrag (§ 4 Abs. 4 GlüStV 2012) nichtig seien, da die Beklagte zu dieser Zeit keine gültige Erlaubnis zur Durchführung von Sportwetten hatte. Das Landgericht Frankfurt am Main bestätigte das Versäumnisurteil vom 10. Juni 2024, das die Rückzahlung der 43.289,37 Euro sowie die Übernahme der Anwaltskosten in Höhe von 2.162,23 Euro und Zinsen anordnete, in vollem Umfang.
„Die Beklagte legte Einspruch gegen das ursprünglich im schriftlichen Vorverfahren ergangene Versäumnisurteil ein. Sie vertrat die Ansicht, dass der Kläger wusste, dass es sich um illegale Glücksspiele handelte, und dass er auch von außerhalb Deutschlands an den Wetten teilgenommen hatte. Zudem argumentierte Tipico, dass Sportwetten im relevanten Zeitraum rechtlich zulässig gewesen seien, und berief sich auf die Einrede der Verjährung. Des Weiteren bestreitet die Beklagte die internationale Zuständigkeit des Gerichts und hielt den Kläger aufgrund der Abtretung seiner Forderungen an einen Prozessfinanzierer für nicht klagebefugt“, erklärt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei, die sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen befasst, hat sich neben der Beratung von Betroffenen des Abgasskandals auch auf die Durchsetzung von Ansprüchen geschädigter Verbraucher gegenüber Online-Casinos spezialisiert. Dr. Hartung hat das erfolgreiche Urteil vor dem Landgericht Frankfurt am Main erstritten.
Das Gericht wies sämtliche Einwände der Beklagten zurück. Es stellte fest, dass die Beklagte im relevanten Zeitraum tatsächlich nicht über die erforderliche Lizenz verfügte, da das Konzessionsverfahren aufgrund unionsrechtlicher Bedenken gestoppt worden war. Eine gültige Lizenz zur Veranstaltung von Sportwetten in Deutschland erhielt die Beklagte erst am 9. Oktober 2020. Der Kläger konnte daher berechtigterweise Rückzahlungsansprüche geltend machen, da die abgeschlossenen Sportwettenverträge gemäß § 134 BGB in Verbindung mit dem Glücksspielstaatsvertrag nichtig waren. Des Weiteren bestätigte das Gericht die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt. Nach Art. 17 und 18 Abs. 1 der EuGVVO kann ein Verbraucher, wie der Kläger, auch an seinem eigenen Wohnsitz gegen den Vertragspartner klagen. Die Abtretung der Forderungen an den Prozessfinanzierer änderte nichts an der Klagebefugnis des Klägers, da dieser weiterhin im eigenen Namen klagte. Darüber hinaus sah das Gericht keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich der Illegalität der Wetten bewusst war oder diese in grob fahrlässiger Weise ignoriert hatte. Der Hinweis auf die zahlreichen Filialen der Beklagten in Deutschland sowie die bekannte Marke Tipico untermauerte die Annahme des Klägers, dass er von einem legalen Angebot ausgehen durfte.
Glücksspielrechtsexperte Dr. Gerrit W. Hartung hebt hervor: „Das Gericht stellte außerdem fest, dass die Vorschrift des § 817 S. 2 BGB, die eine Rückforderung bei beidseitigem Gesetzesverstoß ausschließt, hier teleologisch reduziert werden müsse. Der Glücksspielstaatsvertrag verfolgt das Ziel, Verbraucher vor den Gefahren des Glücksspiels zu schützen. Eine Rückforderungssperre würde das unzulässige Verhalten der Beklagten lediglich begünstigen und damit dem Gesetzeszweck widersprechen.“ Auch die Einrede der Verjährung fand keinen Erfolg. Die dreijährige Verjährungsfrist begann erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Kläger von der Illegalität des Angebots Kenntnis erlangte oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Der Kläger konnte überzeugend darlegen, dass er erst im Jahr 2023, nach umfassender rechtlicher Beratung, von der Illegalität der Tipico-Angebote erfahren hatte.