Abfindung bei Betriebsschließung - die Rolle der Gewerkschaften und Betriebsräte
Wer eine Kündigung erhält, kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Abfindung erhalten. Verhandlungen über eine Abfindung - teilweise sogar für die gesamte Belegschaft - stehen aber auch dann im Raum, wenn Betriebsschließungen geplant sind oder zumindest Teile eines Betriebs an andere Standorte verlagert oder aufgegeben werden. Betriebsrat und Gewerkschaften können Arbeitnehmer in Sachen Abfindung jedoch unterstützen.
Betriebsänderungen – Grundlagen im BetrVG
Das Betriebsverfassungsgesetz sieht im § 111 BetrVG vor, dass bei Betrieben mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern ein bestehender Betriebsrat von Betriebsänderungen rechtzeitig in Kenntnis gesetzt werden muss. Dem Betriebsrat steht ein Mitbestimmungsrecht darüber zu, wie die geplanten Betriebsänderungen ablaufen können. Sind mehr als 300 Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt, kann der Betriebsrat einen fachlich versierten Berater hinzuziehen.
Einer der Hauptgründe für eine Betriebsänderung ist die Stilllegung oder Einschränkung des gesamten Betriebs oder von großen Betriebsteilen. Ein solches Vorhaben bringt mit sich, dass ein Sozialplan erstellt werden muss. Wie ein Interessenausgleich und Sozialplan gehandhabt werden, ist unter § 112 BetrVG festgelegt. Verhandlungspartner für den Interessenausgleich sind das Unternehmen und der Betriebsrat. Der daraus resultierende Sozialplan berücksichtigt die wirtschaftlichen Nachteile, welche für die unterschiedlichen Arbeitnehmer entstehen.
Auch Betriebsräte sind im Rahmen einer Betriebsstilllegung kündbar, falls sie nicht in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiter tätig sein können. Eine Kündigung kann jedoch nur zu dem Zeitpunkt ausgesprochen werden, an dem die tatsächliche Betriebsschließung stattfindet. Bis dahin muss das Unternehmen sicherstellen, dass die Arbeit des Betriebsrats störungsfrei weitergeht. Der Betriebsrat ist zu den einzelnen Kündigungen anzuhören.
Sozialplan – Abfindung bei Betriebsschließung
Arbeiten Betriebsrat und Gewerkschaft zusammen, können sie bereits im Vorfeld einer Betriebsschließung im Sinne der Arbeitnehmer agieren. Es besteht die Möglichkeit, Betriebsvereinbarungen zu treffen, die im Fall einer finalen Betriebsänderung die Folgen für die Arbeitnehmer abfedern. Oft zeichnet sich die betriebliche Zukunft lange vor der Schließung durch Kurzarbeit ab. Erste Gedanken, wie ein notwendig werdender Sozialplan aussehen kann, können Gewerkschaft und Betriebsrat bereits jetzt schriftlich niederlegen. Die Schriftlichkeit ist wichtig, mündliche Vereinbarungen halten im Ernstfall einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand.
Reihenfolge im Sozialplan – ein kurzer Überblick
Langjährige Betriebsangehörige stehen in der Rangliste vor neuen, Arbeitnehmer mit Kindern vor Personen, die keinerlei familiäre Verpflichtungen haben. Auch hier wird eine zwischen Betriebsrat und Gewerkschaft in Kraft getretene Vereinbarung Einfluss haben. Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder Verträge zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber können ebenfalls über Abfindungshöhe in Prozentpunkten und Geldbeträge je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit bestimmen.
Aus dieser Rangliste, wie sie ein Sozialplan darstellt, ergeben sich unterschiedlich hohe Abfindungsbeträge bei der Betriebsschließung. Verteilt wird im Sozialplan zudem eine Summe, die aufgrund der Betriebsschließung noch verhandelbar ist. Wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet, können die einzelnen Arbeitnehmer deswegen nicht mit einer hohen Abfindung bei Betriebsschließung rechnen. Werden nur Abteilungen eines Betriebs geschlossen, muss die Summe für den Sozialplan zudem so gestaltet sein, dass die Weiterführung der restlichen Unternehmenszweige nicht wirtschaftlich gefährdet ist.
Abfindung bei Betriebsschließung – Nichtzustandekommen eines Interessensausgleiches
Kommen Betriebsrat und Unternehmer zu keiner Einigung über die Betriebsänderung und/oder den Sozialplan, kann eine Einigungsstelle angerufen werden. Spätestens jetzt ist auch die Gewerkschaft involviert, die mit fachlich versierten Gewerkschaftssekretären und von ihnen beauftragten Fachanwälten die Betriebsräte unterstützt. Für den Vorsitz einer Einigungsstelle werden in der Regel befähigte Personen vorgeschlagen, etwa ein Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsrichter oder eben Fachanwälte.
Was die Einigungsstelle in Sachen Interessensausgleich, Sozialplan und Abfindung bei Betriebsschließung entscheidet, ist für alle Beteiligten bindend.
Abfindung bei Betriebsschließung – Rechengrundlage
Aus der sozialen Reihenfolge, die im Sozialplan oder in vorhergehenden Vereinbarungen getroffen wurden, wird ein Punktesystem errechnet. Auf jeden von der Betriebsschließung betroffenen Arbeitnehmer entfällt der Geldbetrag, der sich aufgrund der erreichten Punkte und des möglichen Gesamt-Ausschüttungsbetrages ergibt.
Besondere Regelungen für Arbeitnehmer sind in Zusammenarbeit mit Betriebsrat und Gewerkschaften ebenfalls im Rahmen eines Sozialplans denkbar. Denn nicht immer bleibt die Abfindung wegen Betriebsschließung ganz beim Arbeitnehmer. Sie wird auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Der Sozialplan kann zudem so gestaltet werden, dass ältere Arbeitnehmer niedrigere Summen aus dem Topf erhalten, da sie mitunter frühzeitig in Rente gehen können.
Für sinnvolle Einzelregelungen, die über einen schemenhaften Sozialplan hinausgehen, können sich ebenfalls Betriebsrat und Gewerkschaft engagieren. Sollten Sie Unterstützung bei der Erstellung eines Sozialplans benötigen, wenden Sie sich gerne an unsere Kanzlei