Erfolgreiches Berufungsurteil im Audi-Abgasskandal um 3.0 TDI (EA897)
Das OLG Frankfurt am Main hat ein Urteil des Landgerichts Hanau im Dieselabgasskandal teilweise abgeändert und dem geschädigten Verbraucher Schadenersatz zugesprochen.
Auch wenn es zuletzt etwas ruhiger im Dieselabgasskandal war, ist dieser nicht beendet. Zuletzt hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf Berufung des Klägers das am 29. April 2021 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hanau teilweise im Sinne des Verbrauchers abgeändert und die Audi AG dazu verurteilt, 1. an den Kläger 22.939,30 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszins seit dem 5. September 2020 gegen Übergabe des Fahrzeugs Audi A6 3.0 TDI sowie weitere 1.501 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszins seit dem 5. September 2020 zu zahlen.
Der Hintergrund: Der Kläger erwarb gemäß Bestellung vom 13. Dezember 2017 den gebrauchten PKW Audi A6 Avant 3.0 TDI zu einem Kaufpreis von 33.000 Euro. Das Fahrzeug wurde erstmals 2014 zugelassen und unterliegt der Abgasnorm Euro 5. Zugleich schoss der Kläger mit der Audi-Bank einen Darlehensvertrag zum Zwecke der Finanzierung des Kaufpreises ab. Das Darlehen ist inzwischen abgelöst. Ende 2019 veröffentlichte das Kraftfahrbundesamt einen Rückruf sämtlicher Modelle Audi A6 mit dem 3.0l-Diesel-Aggregat der Euro 5-Norm. Als Grund wurde die Entfernung einer unzulässigen Abschalteinrichtung beziehungsweise der unzulässigen Reduzierung der Wirksamkeit des Eimissionskontrollsystems angegeben. Auch das streitgegenständliche Fahrzeug unterfällt einem verbindlichen Rückruf des KBA wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung.
„Der Kläger behauptet, das Fahrzeug sei mit einer Motorsteuerungssoftware ausgestattet, die den Stickoxidausstoß im Prüfstand optimiere. Es sei außerdem u.a. mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet, die die Abgasreinigung abhängig von der Außentemperatur steuere, das sogenannte Thermofenster. Der Kläger sei über die Erfüllung der Voraussetzungen der Abgasnorm Euro 5 getäuscht worden. Er begehrte daher Schadensersatz wegen sittenwidriger Schädigung und aus unerlaubter Handlung“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung, der das verbraucherfreundliche Revisionsurteil vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main erstritten hat.
Das Landgericht Hanau hatte die Klage zunächst abgewiesen. Ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten habe im Hinblick auf das Thermofenster nicht vorgelegen. Das hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main kassiert: Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB auf Zahlung des für das Kraftfahrzeug aufgewendeten Kaufpreises abzüglich Nutzungsentschädigung zu. Der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof zufolge haftet die Beklagte im Streitfall gegenüber dem Kläger als Fahrzeugkäufer für die Entwicklung eines Motors mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung. „Danach stellt sich das Inverkehrbringen von Fahrzeugen, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden, so dass das Kraftfahrtbundesamt infolge einer grundlegenden strategischen Entscheidung bei der Motorenentwicklung systematisch getäuscht wurde, als objektiv sittenwidrig dar“, kommentiert Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung.