Audi AG ist erneut für Porsche-Manipulationen schadenersatzpflichtig
Die Audi AG muss einmal mehr für Abgasschummeleien an einem Porsche Macan S Diesel mit dem Dieselmotor EA897 hohen Schadenersatz an einen geschädigten Verbraucher leisten.
Die Audi AG muss wieder für die Manipulationen an einem von ihr entwickelten und hergestellten Motor des Typs EA897 mit der Abgasnorm Euro 6, der in einem Porsche Macan S Diesel verbaut ist, Schadenersatz zahlen. Das Landgericht Mönchengladbach hat den Hersteller verurteilt, an die Klägerin 42.204,16 Euro nebst jährlichen Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9. Dezember 2020 und weitere 2.046,82 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8. Januar 2022 zu zahlen (Urteil vom 15. Juni 2022, Az.: 6 0 396/21).
Die Klägerin erwarb am 30. September 2015 den Porsche Macan S Diesel 3.0 mit der Abgasnorm Euro 6 als Neufahrzeug zu einem Kaufpreis von 72.782,11 Euro. Die Audi AG ist Entwicklerin und Herstellerin des im Fahrzeug verbauten Dieselmotors EA897. Das Fahrzeug verfügt auch über einen SCR-Katalysator, der mit AdBlue betrieben wird. Bei dem Fahrzeug ist ein Thermofenster verbaut, mittels dessen die Abgasrückführungsrate je nach Außentemperatur angepasst wird. Außerdem wird im Rahmen des Prüfzyklus NEFZ auf dem Rollenprüfstand eine schadstoffmindernde Aufwärmstrategie, eingesetzt, die den SCR-Katalysator schnell auf Betriebstemperatur bringt, so dass sich der Stickstoffausstoß reduziert, während diese Funktion im normalen Straßenverkehr nahezu gänzlich deaktiviert ist. Für das Fahrzeug liegt eine verbindliche Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamts KBA zur Aktualisierung der Motorsteuerungs-Software vor, also ein Rückruf. In dem dieser Anordnung zugrunde liegenden Bescheid vertritt das KBA die Auffassung, in dem streitgegenständlichen Fahrzeugtyp komme eine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz.
„Die Audi AG wollte sich mit dem Argument herauswinden, das Fahrzeug weise keine wie in den Motoren des Typs EA189 enthaltene Umschaltlogik auf, die dauerhaft zwischen dem Betrieb auf dem Prüfstand und dem Betrieb auf der Straße unterscheide. Das Thermofenster sei zulässig und notwendig, um eine Versottung des Abgasrückführungskühlers zu verhindern“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Er hat das verbraucherfreundliche Urteil vor dem Landgericht Mönchengladbach erstritten.
Das Gericht hat sich auf solche Spielchen nicht eingelassen und herausgestellt, dass die Audi AG die Klägerin getäuscht habe, indem sie zugelassen habe, dass ein von ihr hergestellter Motor, in welches eine manipulierte Motorsteuerungssoftware eingebaut worden war, in den Verkehr gebracht worden sei, ohne dass sie die Details der Programmierung offengelegt habe. „Die Programmierung der Motorsteuerungs-Software ist gesetzeswidrig. Die Klägerin hat substantiiert dargelegt, dass im streitgegenständlichen Fahrzeug, gesteuert über die Motorsteuerungs-Software, verschiedene Vorrichtungen implementiert sind, welche hinsichtlich der Abgasbehandlung zwischen einer Situation auf dem Prüfstand und außerhalb des Prüfstandes unterscheiden und nur auf dem Prüfstand, für eine die gesetzlichen Grenzwerte einhaltende Abgasreinigung sorgen. Die Beklagte ist dem im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast nicht ausreichend entgegengetreten. Dies genügt angesichts des vom Kläger gemachten substantiierten und in großen Teilen unstreitigen Vortrags im Zusammenspiel mit dem unstreitig bestehenden Rückruf nicht aus.“
„Für geschädigte Verbraucher im Dieselabgasskandal ist das ein großer Erfolg. Die Gerichte machen die Korridore zur Verteidigung für die Motorenhersteller immer enger, sodass sie bei Vorliegen einer illegalen Abschalteinrichtung kaum mehr Spielraum haben, Schadenersatzansprüche abzuwehren. Der kürzeste Weg zu einer finanziellen Kompensation im Dieselabgasskandal ist und bleibt also die Individualklage“, betont Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung.