LG München II - wieder ein verbraucherfreundliches Urteil im Audi-Abgasskandal!
Die Audi AG ist für die Abgasmanipulationen an einem SQ5 TDI zu Schadenersatz verurteilt worden. Die Reihe der Niederlagen für den Hersteller setzt sich fort.
Der Dieselabgasskandal der Audi AG verliert nicht an Fahrt. Das Landgericht München II (Urteil vom 4. Mai 2022, Az.: 11 O 4611/21) hat die Audi AG verurteilt, an die Klagepartei 38.531,78 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 7. Dezember 2021 und weitere 2.002,41 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 11. Januar 2022 zu zahlen.
Streitgegenständlich war ein Audi SQ5 TDI mit dem Sechszylindermotor EA897 der Abgasnorm Euro 6. Der geschädigte Verbraucher erwarb das Fahrzeug am 16. August 2016 bei einem Kilometerstand von 3.410 Kilometern zum Kaufpreis von 61.242 Euro. Für das streitgegenständliche Fahrzeug liegt ein verbindlich angeordneter Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes vor. In diesem Rückruf geht das KBA davon aus, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz komme. Die Anordnung des KBA bezieht sich auf eine Aktualisierung der Motorsteuerungssoftware, das Getriebe wird hiervon separat vom Getriebesteuergerät gesteuert.
„Die Klagepartei trägt vor, sie hätte das Fahrzeug nicht erworben, wenn sie Kenntnis davon gehabt hätte, dass typengenehmigungswidrig eine Abschalteinrichtung benutzt wurde, die dazu führe, dass die Abgaswerte der geltenden Abgasnorm nur auf dem Prüfstand eingehalten werden. Zum einen sei ein sogenanntes Thermofenster in das Fahrzeug verbaut, zudem weise das Fahrzeug eine Prüfstandserkennung durch eine Aufwärmstrategie und durch eine Lenkwinkelerkennung auf, die Software für das Getriebe sei manipuliert, darüber hinaus sei die AdBlue-Einspritzung ebenso manipuliert. Das angebotene Update führe nicht zur Reparatur, und der Vorstand der Beklagten habe Kenntnis von den Manipulationen gehabt“, sagt Dr. Gerrit W. Hartung, der das verbraucherfreundliche Urteil vor dem Landgericht München II erstritten hat.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, da sie den Rückruf des KBA auf Grund einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht in Abrede stelle, bedürfe es keiner Vorlage des konkreten, auf das streitgegenständliche Fahrzeug passenden KBA-Bescheides. Die Motorsteuersoftware verfüge nicht über eine Umschaltlogik und Lenkwinkelerkennung, der verbindliche Rückruf beziehe sich nicht auf ein unzulässiges Thermofenster. Ebenso bestreitet die Audi AG die Motive der Klagepartei zum Erwerb des Fahrzeugs. Ein Schaden sei dem Kläger nicht entstanden.
Diese Verteidigungsstrategie der Audi AG hat vor dem Landgericht München II nicht verfangen.
„Das Gericht hat im vorliegenden Fall angesichts des Sachvortrags der Klagepartei und der Beklagtenpartei davon auszugehen, dass die Beklagte gegenüber der Klagepartei als Käufer eines Fahrzeugs, in dem ein von der Beklagten hergestellter Motor verbaut ist, sittenwidrig gehandelt hat. Die sittenwidrige Handlung liegt darin, dass die Beklagte den Einbau eines Motors mit einer Software veranlasst hat, die eine unzulässige Abschalteinrichtung beinhaltet und die einen zu engen Anwendungsbereich der Abgasreinigungsfunktionen im normalen Straßenverkehr hat. Demgegenüber funktioniert die Abgasreinigung auf dem Prüfstand ordnungsgemäß. Unstreitig unterlag das Fahrzeug des Klägers einem Rückruf des KBA. Die Behörde geht davon aus, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz komme.“