Wieder geht es im Dieselskandal um die Audi AG
Das Landgericht Lüneburg hat die Audi AG im Dieselabgasskandal wegen Manipulationen am Dieselmotor EA897 mit der Abgasnorm Euro 6, der in einem VW Touareg 3.0 TDI verbaut ist, zu Schadenersatz verurteilt.
Die Audi AG hat einmal eine Niederlage im Dieselabgasskandal kassiert, und wieder ging es um den Sechszylinder-Dieselmotor EA897, der in einem Fahrzeug der Konzernschwestermarke VW verbaut ist. Für die Manipulationen an dem in einem VW Touareg 3.0 TDI verwendeten Motor der Schadstoffklasse Euro 6 wurde die Audi AG verurteilt, an den Kläger Schadenersatz in Höhe von 38.347,01 Euro und zusätzlich 1.751,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. September 2021 zu zahlen (Urteil vom 22. März 2022, Az.: 10 O 192/21). Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Der Kläger erwarb den streitgegenständlichen Pkw zum Preis von 48.000 Euro als Gebrauchtwagen mit einem Kilometerstand von 16.500 Kilometern. Der Kläger nutzt den PKW seit der Übergabe im Zuge des Kaufs, am 21.02.2022, dem Tag vor der mündlichen Verhandlung, betrug die Laufleistung 73.513 Kilometer. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat Teile der Motorsteuerung, die sogenannte Aufheizstrategie A, die auch in dem streitgegenständlichen Fahrzeug zum Einsatz kommt, als unzulässige Abschalteinrichtung gewertet und dementsprechend den Rückruf der betroffenen PKW angeordnet. Der Entzug der Typengenehmigung war damit nicht verbunden.
„Der Kläger behauptet, dass die Motorsteuerung, wie sie von der Beklagten vorgenommen worden war, eine unzulässige Abschalteinrichtung darstelle, die die Prüfstandsituation erkenne und damit manipulativ Einfluss auf die Emissionswerte des Fahrzeugs einwirke, um die Grenzwerte einhalten zu können. Die Mitglieder des Vorstands der Beklagten hätten die Entwicklung und Produktion von Dieselmotoren mit der geschilderten Motorsteuerungssoftware gekannt und gebilligt“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Seine Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat das verbraucherfreundliche Urteil vor dem Landgericht Lüneburg erstritten.
In der Begründung der Schadenersatzpflicht der Audi AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB konzentriert sich das Gericht vor allem auf die Strategie A als Aufheizstrategie, die das Kraftfahrt-Bundesamt mit bestandskräftigen Bescheiden als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft hat. „Zum Starten dieser Strategie wird eine Vielzahl von Initialisierungsparametern verwendet, welche über eine UND-Verknüpfung miteinander verknüpft sind und deren Schaltbedingungen so eng bedatet sind, dass die Strategie nahezu ausschließlich im Neuen Europäischen Fahrzyklus und unter den dort definierten Prüfbedingungen wirkt. Sie führt wegen dieser Bedatung auf dem Prüfstand zu einem günstigeren NOx-Emissionsverhalten als im Straßenbetrieb und ist angesichts des so prüfstandsoptimierten NOx-Emissionsverhaltens als manipulativ im Sinne der o. g. BGH-Rechtsprechung anzusehen.“
Ebenso hatte der geschädigte Verbraucher behauptet, die Mitglieder des Vorstands der Beklagten hätten die Entwicklung und Produktion von Dieselmotoren mit der geschilderten Motorsteuerungssoftware gekannt und gebilligt. „Auch das hat das Gericht bestätigt. Die Beklagte habe nicht ausreichend bestritten, dass das Inverkehrbringen des solcherart manipulierten Fahrzeugs in Kenntnis von Personen erfolgt sei. Der Vortrag des Klägers zu diesem Punkt sei somit ausreichend gewesen. Der Senat habe ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte gesehen, welche die Behauptung der Repräsentantenkenntnis als nicht ins Blaue hinein erhoben erscheinen ließen“, betont Dieselanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.