Mercedes-Abgasskandal: SUV vom Typ Mercedes ML zweimal im Fokus
Die Daimler AG muss für zwei Mercedes-Benz vom Typ ML Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB zahlen. Rückt das Fahrzeug damit nun auch in den Mittelpunkt des Dieselabgasskandals?
Der Mercedes-Benz-SUV der Modellreihe ML ist bislang weniger oft im Dieselabgasskandal aufgefallen. Das hat sich jetzt durch zwei Urteile geändert. Das Landgericht Limburg (Urteil vom 11.05.2021, Az.: 4 O 300/20) verurteilte die Daimler AG dazu, für die Manipulationen an einem Mercedes-Benz ML 350 an den Kläger Schadenersatz in Höhe von 32.867,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2020 und ihn darüber hinaus von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.474,89 Euro freizustellen. Zudem muss die Daimler AG 69 Prozent der Prozesskosten tragen.
Die Klägerin hatte den ML 350 mit einer Laufleistung von 12.952 Kilometer zu einem Preis von 56.830 Euro am 10. Dezember 2015 gekauft. Der Wagen ist mit einem Motor des Typs OM642 der Schadstoffklasse Euro 6 ausgestattet. Die Laufleistung am Vortag der mündlichen Verhandlung betrug 99.951 Kilometer. Das streitgegenständliche Fahrzeug unterliegt einem amtlichen Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA).
Das Gericht schreibt: „Die Kontrolle der Stickoxidemissionen erfolgt in dem Fahrzeug über die sogenannte Abgasrückführung. Bei der Abgasrückführung wird ein Teil des Abgases zurück in das Ansaugsystem des Motors geführt und nimmt erneut an der Verbrennung teil. Das streitgegenständliche Fahrzeug verfügt ferner über ein sogenanntes SCR-System, also Abgaskatalysatoren, die Stickoxide reduzieren können. Bei diesem System wird dem Abgas eine wässrige Harnstofflösung ‚AdBlue‘ beigemischt. Diese Harnstofflösung reagiert chemisch mit den Abgasen, wodurch beide Arten von Gasen zu ungefährlichen Gasen abgebaut werden. Die Verwendung von SCR-Katalysatoren funktioniert dabei nur, wenn dem Abgas eine passende Menge Harnstoffe beigemischt wird.“
Das Gericht geht daher vom Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung und damit von einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB aus. Der unstreitige sowie der klägerische Vortrag zur Funktionsweise des Abgassystems im klägerischen Fahrzeug legen dies in einer dem Substantiierungserfordernis entsprechenden Weise dar. Dies wird auch durch die konkrete Rückrufaktion des KBA wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung unterstützt“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.
Im anderen Verfahren vor dem Landgericht Oldenburg (Urteil vom 21.05.2021, Az.: 5 O 3059/20) wurde die Daimler AG verurteilt, an den Kläger Schadenersatz in Höhe von 40.114,72 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 9. Oktober 2019 gegen Rückgabe eines Mercedes-Benz ML 250 zu zahlen. Zudem muss die Daimler AG den Kläger von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.706,94 Euro freistellen. Der ML 250 ist mit dem Dieselmotor OM651 mit der Abgasnorm Euro 6. Der Kläger hatte das Fahrzeug zum Preis von 51.500 Euro am 29. Mai 2015 mit einer Laufleistung von 28.045 Kilometern gekauft. Zum Zeitpunkt der Klageeinreichung wies das Fahrzeug einen Kilometerstand von 92.053 Kilometern auf. Ein amtlicher Rückruf des KBA bezieht sich auf das streitgegenständliche Modell.
Neben der Verwendung von SCR-Katalysatoren, die nur funktionieren, wenn dem Abgas eine passende Menge Harnstoffe beigemischt wird, konzentriert sich das Gericht auf das Vorliegen des Thermofensters. Das ist die Bezeichnung für eine temperaturabhängige Abgasrückführung, die bei kühleren Temperaturen unstreitig zurückgefahren wird und damit zu einem Anstieg der Stickoxidemissionen im Vergleich zum Betrieb bei milderen Temperaturen führt, wie sie unter anderem auf dem Prüfstand herrschen, sagt Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung.