VW-Dieselgate 2.0 vor dem LG Münster: Schadenersatz für VW Touran mit EA288-Motor
In einem weiteren obsiegenden EA288-Verfahren gegen die Volkswagen AG hat das Landgericht Münster die illegale Abschalteinrichtung in Form des SCR-Katalysators in den Fokus gerückt. Die entsprechende Software führe dazu, dass nur auf dem Prüfstand und nicht im Realbetrieb ausreichend Harnstoff genutzt werde.
Aus immer mehr Dieselgate 2.0-Verfahren gehen geschädigte Verbraucher siegreich hervor. Das Landgericht Münster (Urteil vom 20.05.2021, Az.: 011 O 530/20) hat die Volkswagen AG zu Schadenersatz in Höhe von 28.446,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 4. Februar 2021 wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verurteilt. Die Volkswagen AG trägt auch die Kosten des Verfahrens. Der Kläger hatte den streitgegenständlichen VW Touran 2.0 TDI am 23. Januar 2020 mit einer Laufleistung von 9632 Kilometern für 30.990 Euro erworben. Bei Urteilsverkündung hatte der Wagen mit dem Schummeldiesel der zweiten Generation EA288 (Abgasnorm Euro 6) einen Kilometerstand von 33.462.
„Das Landgericht Münster stellt in seinem Urteil vor allem auf die illegale Abschalteinrichtung in Form des SCR-Katalysators ab. SCR steht für selektive katalytische Reduktion bezeichnet eine Technik zur Reduktion von Stickoxiden in Abgasen unter anderem von Verbrennungsmotoren“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
Das Gericht macht deutlich: „Der Wagen hat einen SCR-Katalysator, der AdBlue verwendet. Dabei handelt es sich um eine Harnstofflösung, welche den Abgasen beigemischt wird, um die Emissionen zu reduzieren. Die Dosierung des AdBlue wird über eine Software geregelt. Diese Software sorgt dafür, dass der Stickoxid-Sparmodus nur zu etwa 2-3% der Fahrzeit in Aktion tritt. In der übrigen Zeit wird weniger oder gar kein AdBlue zugeführt. Dementsprechend wird mehr Stickoxid ausgestoßen. Die reduzierte Dosierung von AdBlue findet regelmäßig statt, es sei denn, dass bestimmte Kriterien auf einen möglicherweise laufenden Abgastest hinweisen. Die Software führt dazu, dass nur auf dem Prüfstand und nicht im Realbetrieb ausreichend Harnstoff genutzt wird, um die Emissionen entsprechend den vorgegebenen Grenzwerten zu reduzieren.“
„Das Gericht hat den klägerischen Vortrag als substantiiert anerkannt. Daher kann sich die Volkswagen AG in ihrer Verteidigung nicht aufs bloße Bestreiten verlegen. Vielmehr muss sie laut Gericht die Behauptung ebenfalls substantiiert bestreiten. Dazu muss sie nähere Angaben zum Sachverhalt machen und insbesondere erläutern, von welchen tatsächlichen Umständen sie ausgeht. Es sei für die Volkswagen AG möglich und zumutbar, nähere Tatsachen vorzutragen“, betont Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung.
Der Dieselanwalt sagt weiter: „Das neuerliche Urteil zeigt, dass das VW-Dieselgate 2.0 noch am Anfang steht, während Dieselgate 1.0 zusätzlich auch noch lange nicht erledigt ist. Mehr und mehr Gerichte verurteilen die Volkswagen AG für die Manipulationen am vermeintlich sauberen EA288 wegen der vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB und sprechen den Geschädigten hohe Schadensersatzzahlungen zu. Der Weg zu einer wirtschaftlich guten Lösung für Dieselfahrer im Dieselgate 2.0 führt also nur über die Gerichte!“
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