Dieselskandal beim EA897: Audi AG haftet wieder für manipulierten V6 TDI
Die Audi AG hat zwei weitere herbe Niederlagen im Diesel-Abgasskandal einstecken müssen. Streitgegenständlich vor den Landgerichten Hamburg und Tübingen waren jeweils ein Audi A6 3.0 TDI mit dem Sechszylinder-Dieselmotor EA897 (Abgasnorm Euro 5). Damit wurde die Audi AG wieder einmal wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB für Dieselmanipulationen verurteilt.
Die Audi AG hat im Abgasskandal zuletzt gleich zwei Urteile zu den Manipulationen am Motor EA897 (Abgasnorm Euro 5) kassiert, jeweils bezogen auf einen Audi A6 3.0 TDI. Das Landgericht Tübingen (Urteil vom 29.01.2021, Az.: 4 O 156/20) hat die Audi AG dazu verurteilt, einem geschädigten Verbraucher 15.530,79 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit 4. Juni 2020 zu zahlen und ihn von den aktuell noch bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber der Audi Bank AG in Höhe von 15.828,03 Euro freizustellen. Zudem trägt die Audi AG 89 Prozent der Kosten des Rechtsstreits. Der Verbraucher hatte den Audi A6 Avant mit einem Kilometerstand von 92.365 für 40.100 Euro erworben und dann rund 45.000 Kilometer in viereinhalb Jahren gefahren.
„Der Motor des Fahrzeugs des Klägers verfügt als unzulässige Abschalteinrichtung unter anderem über ein sogenanntes Thermofenster. Es handelt sich dabei um ein Abgasrückführungssystem, durch das der Ausstoß von Stickoxiden reduziert wird. Bei Temperaturen außerhalb eines bestimmten Bereiches wird die Abgasrückführung reduziert. Das Thermofenster bedingt einen Mangel, der wiederum zur Verurteilung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB geführt hat“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung. Seine Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.
Durch den Bezug zum verpflichtenden Rückruf des Fahrzeugs durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) habe der geschädigte Verbraucher laut Landgericht Tübingen hinreichend dargelegt, dass sein Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet und damit vom Abgasskandal betroffen ist. Dem Gericht hat der Vortrag insofern ausgereicht, dass das Emissionsverhalten des streitgegenständlichen Fahrzeugs im Prüfstand im Vergleich zum Normalbetrieb auf der Straße in unzulässiger Weise durch eine Abschalteinrichtung optimiert wird.
Um die Aufheizstrategie ging es in dem Verfahren vor dem Landgericht Hamburg (Urteil vom 09.03.2021, Az.: 328 O 161/20). Dabei handelt es sich um eine Motorsteuerungs-Software, die im Wesentlichen nur beim Durchlaufen des Prüfstandsverfahrens des NEFZ (Neuer Europäischen Fahrzyklus) anspringe, im realen Verkehr hingegen nicht aktiviert werde. Zudem verbessere Aufheizstrategie das Stickoxidemissionsverhalten des Fahrzeugs auf dem Prüfstand gegenüber dem Emissionsverhalten im normalen Fahrbetrieb.
Das wiederum hat zum Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB wegen der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung des Verbrauchers durch die Audi AG geführt. Der Kläger erhält 12.795,43 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit 1. Juli 2020 zu zahlen und wird von den aktuell noch bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber der Audi Bank AG in Höhe von 9.555 Euro freigestellt. Zudem trägt die Audi AG die vollständigen Kosten des Rechtsstreits. Der Verbraucher hatte den Audi A6 Avant für 40.780 Euro mit einer Laufleistung von 55.268 Kilometern erworben. Zum Schluss der mündlichen Verhandlung wies das Fahrzeug einen Kilometerstand von 191.200 auf.
Die Baureihe EA897 umfasst V6-Dieselmotoren mit drei Litern Hubraum und wird seit dem Jahr 2010 in verschiedenen Fahrzeugen des Volkswagen-Konzerns eingesetzt, wobei er von der Volkswagen-Tochter Audi AG hergestellt und an die Porsche AG zugeliefert wird. Damit sind vor allem Dieselfahrzeuge der Oberklasse betroffen. Dazu zählen beispielsweise die höherklassigen Modelle Porsche Cayenne II und Panamera II sowie Macan, Audi A4, A5, A6, A7, A8, Q5 und Q7 und VW Amarok, Touareg II und Phaeton. Kurz gesagt: „Dreiliter-Dieselmotoren vom Typ EA897 sind flächendeckend vom Dieselskandal betroffen, und zwar sowohl in der Abgasnorm Euro 5 als auch in der neueren Norm Euro 6. Damit ist das landgerichtliche Urteil ein weiteres Beispiel dafür, wie erfolgreich eine Betrugshaftungsklage geschädigter Verbraucher gegen Autohersteller sein kann“, betont Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung.