Audi-Abgasskandal: Landgericht Frankenthal stellt beim Sechszylinder-Dieselmotor des Typs EA897 Euro 5 sekundäre Darlegungslast heraus
Der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung hat wieder einmal ein verbraucherfreundliches Urteil gegen die Audi AG erstritten. Ein geschädigter Verbraucher wird umfangreich für sein gebrauchtes Fahrzeug, einen Audi Allroad 3.0 TDI mit dem Skandalmotor EA897 und der Abgasnorm Euro 5, abgefunden.
Mit einem weiteren obsiegenden, verbraucherfreundlichen Urteil hat der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung einmal mehr seinen Ruf als Schreck der Audi AG gefestigt. Das Landgericht Frankenthal (Urteil vom 21.01.2021, Az.: 4 O 145/20) wurde die Audi AG verurteilt, für einen Audi Allroad 3.0 TDI mit sechs Zylindern, dem Skandalmotor EA897 und der Abgasnorm Euro 5 32.484,52 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.05.2020 sowie weitere 1474,89 Euro (vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten) nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11. September 2020 zu zahlen. Die Audi AG muss zusätzlich 79 Prozent der Kosten des Rechtsstreits zahlen. Der geschädigte Verbraucher hatte den Wagen am 15. November 2015 mit einem Kilometerstand von 53.500 Kilometern zu einem Preis von 34.445,38 Euro erworben.
Der Audi Allroad 3.0 TDI mit dem Dieselmotor EA897 verfügt laut Landgericht Frankenthal unbestritten über unzulässige Abschalteinrichtungen zur Reduzierung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems (sogenannte Lenkwinkelerkennung). Fahrzeuge der Baureihen A7 und A8 aus den Baujahren 2009 bis 2014 unterliegen daher bereits einem amtlichen Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt. Dazu kommt das berüchtigte Thermofenster, bei der außerhalb bestimmter Temperaturbedingungen eine Korrektur der Abgasrückführungsrate über die Frischluftzufuhr vorgenommen wird.
„Das Gericht hat die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB nochmals bestätigt. Die Beklagte hat eine manipulierte Software, mindestens in Form der Lenkwinkelerkennung genutzt, um die Typgenehmigung für das Fahrzeug zu erhalten. Die erfolgte Zulassung des Fahrzeugs zum Straßenverkehr beruhte daher nicht auf einer ordnungsgemäßen Prüfung, sondern auf der Manipulation der Motorensoftware. Bringt der Autohersteller einen zum Straßenverkehr zugelassenen Pkw auf den Markt, erklärt er damit jedenfalls konkludent mit, dass die Zulassung nicht durch eine Manipulationshandlung erlangt wurde. Denn nach der Verkehrsauffassung muss ein Kunde beim Kauf eines Pkws erwarten dürfen, dass die Zulassung des Fahrzeuges zum Straßenverkehr und die Einstufung in die angegebene Schadstoffklasse gesetzmäßig erfolgen und nicht auf einer manipulierten Motorensoftware basieren“, erklärt Anwalt Dr. Gerrit W. Hartung, Dieselanwalt der ersten Stunde.
Das Gericht kritisiert, dass die Audi AG schlichtweg behauptet, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nicht manipuliert worden sei, ein Schaden der Klägerin daher nicht bestehe und dass es dem Vortrag der Klägerseite an hinreichender Substanz fehle. Ihr könne auch keine Täuschung oder ein sonstiges deliktisches Verhalten vorgeworfen werden, da das Fahrzeug über eine bestandskräftige Typengenehmigung verfüge und unter den allein maßgeblichen gesetzlichen Prüfbedingungen die einschlägige Abgasnorm erfülle und der Grad der Emissionsreduktion im Übrigen von einer Vielzahl an Bedingungen abhänge.
„Diese unbelegten Behauptungen ließ das Gericht nicht gelten. Nach Auffassung des Gerichts hat die Beklagte entgegen ihrer sekundären Darlegungslast nicht dargetan, dass ihr keine eigene originäre Täuschungshandlung vorzuwerfen ist. Selbst wenn sie den streitgegenständlichen Motor nicht selbst entwickelt hätte, ist davon auszugehen, dass die Beklagte Kenntnis von der Manipulationssoftware der Volkswagen AG gehabt hätte. Ein weitergehender Vortrag kann dem Kläger nicht abverlangt werden“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Er verweist dabei auf sein vor kurzem erstrittenen Sieg vor dem Oberlandesgericht Koblenz. Auch dabei stand die sekundäre Darlegungslast im Fokus. Das Oberlandesgericht Koblenz betont, die Argumentation des Klägers sei ausreichend substantiiert und stelle gerade keinen „Vortrag ins Blaue“ dar. Es sei ausreichend, wenn der Kläger greifbare Umstände anführe, auf die er den Verdacht gründe, sein Fahrzeug weise eine oder mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen auf und die von ihm befürchteten Auswirkungen einer solchen Abschalteinrichtung auf den Stickoxidausstoß im realen Fahrbetrieb und auf dem Prüfstand beschreibe. Das lässt sich auch auf das Urteil des Landgerichts Frankenthal übertragen.