VW-Abgasskandal: Schadenersatz für EA189 trotz Verjährung!
Das Landgericht Karlsruhe hat ein äußerst interessantes Urteil im VW-Dieselgate 1.0 gesprochen und die Volkswagen AG für einen VW Tiguan mit dem ersten Skandalmotor des Typs EA189 zu Schadenersatz verurteilt. Dabei bestätigt das Gericht die Einrede der Verjährung, erkennt aber Ansprüche aus § 852 BGB im Rahmen eines „Restschadensersatzanspruchs“ an.
VW-Dieselgate 1.0, also der Skandal rund um den heftig manipulierten Motor EA189 aus dem Hause Volkswagen, ist noch lange nicht ausgestanden. Denn es kommt nicht nur weiterhin reihenweise zu verbraucherfreundlichen Urteilen, die Schadenersatz gegen Rückgabe des Fahrzeugs vorsehen. Die Gerichte befassen sich auch mit der Frage der Verjährung und entscheiden auch diese im Sinne der Kunden, die durch den Erwerb solcher Dieselskandal-Fahrzeuge der Volkswagen AG wirtschaftliche Schäden erlitten haben.
So hat das Landgericht Karlsruhe entschieden (Urteil vom 04.12.2020, Az.: 4 O 195/20), dass die Volkswagen AG einen Volkswagen Tiguan 2.0 TDI (gekauft am 30. Juli 2012 zum Preis von 28.370 Euro) zurücknehmen und Schadenersatz zahlen muss. In dem streitgegenständlichen Fahrzeug ist ein von der Beklagten hergestellter Dieselmotor des Typs EA189 eingebaut. Das Fahrzeug verfügt über ein Abgasrückführungssystem mit zwei Betriebsmodi. Der Betriebsmodus richtet sich danach, ob die im Fahrzeug eingebaute Software den Betrieb als Prüfungssituation oder als normalen Fahrbetrieb beurteilt. Im normalen Fahrbetrieb liegen die tatsächlichen Schadstoffwerte oberhalb der im europäischen Fahrzyklus nach der Verordnung (EU) Nr. 715/2007 gemessenen Schadstoffwerte.
„Das Kraftfahrtbundesamt ordnete den Rückruf der Fahrzeuge mit dem genannten Motortyp und eine Nachrüstung an. Inzwischen bietet die Beklagte für das streitgegenständliche Fahrzeug ein Softwareupdate an, welches der Kläger durchführen ließ. Der Kläger ist der Auffassung, bei dem Fahrzeug seien illegale Abschalteinrichtungen verbaut, um Abgasnormen zu umgehen. Wäre dies bekannt gewesen, hätte das Fahrzeug keine Zulassung erhalten. Hätte der Kläger hiervon gewusst, so hätte sie ein solches Fahrzeug nicht erworben. Eine folgenlose Nachbesserung durch das Softwareupdate sei nicht möglich, zumal das Update zu technischen Nachteilen führe“, gibt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH wider. Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.
Das Besondere an dem Verfahren ist laut Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung die Tatsache, dass das Gericht zwar eine Verjährung der Ansprüche nach § 826 BGB (also vorsätzliche sittenwidrige Schädigung) mit Ablauf des 31. Dezember 2018, spätestens aber mit Ablauf des 31. Dezember 2019 zwar bestätigt hat. Der Kläger habe aber Ansprüche aus § 852 BGB im Rahmen eines „Restschadensersatzanspruchs“: „Nach dieser Bestimmung hat der Ersatzpflichtige selbst nach Verjährung des Schadenersatzanspruches nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben, was er durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten erlangt hat. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass der Anspruch aus § 852 BGB weiterhin ein deliktischer Schadensersatzanspruch ist. Der von VW erschlichene finanzielle Vorteil muss an die Geschädigten zurückgegeben werden, und die Verjährung tritt frühestens nach zehn Jahren ab Kauf ein“, betont Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung. Das bedeutet: Nachdem der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 25. Mai 2020 bereits deliktische Ansprüche zugesprochen hat, stehen die Schadensersatzansprüche den geschädigten Dieselkäufern aus § 852 BGB in jedem Fall zu.
Das bedeutet: „Es ist sehr positiv, dass Verbraucher ziemlich sicher auch weiterhin den Klageweg beschreiten können und Schadenersatz nach § 852 BGB erhalten können. Im Übrigen gilt dies auch für Verbraucher, die erst nach Bekanntwerden des VW-Abgasskandals ihre Fahrzeuge in Treu und Glauben an die volle und legale Funktionsfähigkeit der Abgassteuerung erworben haben. Mehr und mehr wird jetzt deutlich, dass das erste Dieselgate um den Skandalmotor EA189 längst nicht beendet ist. Es lohnt sich immer noch, Schadensersatzansprüche auf dem Wege der Betrugshaftungsklage gegen die Volkswagen AG und die Tochtermarken prüfen zu lassen“, stellt Dieselanwalt Dr. Gerrit W. Hartung heraus.
Das Dieselgate 2.0 bezüglich des VW-Nachfolgemotors EA288 der Abgasnorm Euro 6 wird geschädigten Dieselkäufern zudem in den nächsten Jahren zudem weitreichende Schadensersatzansprüche zusprechen. Die Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH hat eine spezielle Website zur neuen EA288-Thematik eingerichtet und listet dort alle Modelle von Audi, VW, Seat und Skoda auf, die sehr vom VW-EA288-Abgasskandal betroffen sind.