OLG Hamm spricht im Dieselskandal Schadensersatz bei 2016 gekauftem VW Beetle zu
OLG Hamm 13 U 149/18
VW hat im Abgasskandal eine erneute Niederlage vor einem Oberlandesgericht hinnehmen müssen. Mit Urteil vom 10. September 2019 hat das OLG Hamm entschieden, dass VW der Käuferin eines VW Beetle Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung leisten muss (Az.: 13 U 149/18).
„Mit dem OLG Hamm hat ein weiteres Oberlandesgericht im Abgasskandal entschieden, dass VW sich schadensersatzpflichtig gemacht hat. Bemerkenswert an diesem Urteil ist, dass die Klägerin den VW Beetle erst im November 2016, also etwa ein Jahr nach Bekanntwerden der Abgasmanipulationen, gebraucht gekauft hatte. Das heiße nicht, dass sie von den Abgasmanipulationen Kenntnis hatte. Vielmehr entschied das Gericht, dass sie getäuscht wurde und Anspruch auf Schadensersatz habe“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Die Klägerin hatte im November 2016 den VW Beetle 1.6 TDI, Erstzulassung November 2014, bei einem VW-Vertragshändler gebraucht gekauft. In dem Fahrzeug ist der Dieselmotor des Typs EA 189 mit den manipulierten Abgaswerten eingebaut. Von der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung habe sie nichts gewusst. Bei Kenntnis der Abgasmanipulationen hätte sie das Fahrzeug nicht gekauft, argumentierte die Klägerin und machte Schadensersatzansprüche geltend.
In erster Instanz wies das Landgericht Bochum die Klage ab. Durch die umfangreiche Berichterstattung sei der Abgasskandal allgemein bekannt gewesen.
Die Abgasmanipulationen müssten jedem, der erst 2016 ein betroffenes Fahrzeug erwerben wollte, bekannt gewesen sein, so das LG Bochum.
Dieser Argumentation schloss sich das OLG Hamm nicht an. Es entschied, dass die Klägerin vorsätzlich sittenwidrig geschädigt wurde und deshalb Anspruch auf Schadensersatz habe. Der Kaufvertrag sei rückabzuwickeln. Gegen Rückgabe des Fahrzeugs könne die Klägerin die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung verlangen. Der Schaden sei der Klägerin schon mit Abschluss eines ungewollten Kaufvertrags entstanden. Sie habe glaubhaft dargelegt, dass sie beim Kauf keine Kenntnis von den Abgasmanipulationen hatte, so das OLG Hamm, das die Revision zugelassen hat.
„Nach den Oberlandesgerichten Köln, Karlsruhe und Koblenz hat nun auch das OLG Hamm im Abgasskandal verbraucherfreundlich entschieden. Gleichzeitig hat es klar gemacht, dass es einem Schadensersatzanspruch nicht im Wege steht, wenn das Auto erst 2016 und damit nach Bekanntwerden des Abgasskandals gekauft wurde“, so Rechtsanwalt Dr. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.
Die Chancen Schadensersatzansprüche gegen VW durchzusetzen, stehen besser denn je. In der Regel können die Forderungen bis Ende 2019 geltend gemacht werden.