Abgasmanipulationen „wie Glykol im Wein“ – VW im Dieselskandal verurteilt
Urteil LG Mönchengladbach 6 O 381/18
Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung hat für die Käuferin eines VW Tiguan Schadensersatz im Abgasskandal durchgesetzt. Mit Urteil vom 31. Juli 2019 entschied das Landgericht Mönchengladbach, dass VW ihren Tiguan zurücknehmen und den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung erstatten muss. Durch die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung sei die Klägerin vorsätzlich sittenwidrig getäuscht worden und habe daher Anspruch auf Schadensersatz, so das LG Mönchengladbach (Az.: 6 O 381/18).
Die Klägerin hatte den VW Tiguan R-Line im November 2014 gekauft. Wie sich herausstellte war das Fahrzeug vom Dieselskandal betroffen. „Meine Mandantin wollte sich nicht mit einem Software-Update abspeisen lassen und hat es auch nicht aufspielen lassen. Stattdessen haben wir Schadensersatzansprüche geltend gemacht“, sagt Rechtsanwalt Dr. Hartung.
Das Landgericht Mönchengladbach gab der Klage weitgehend statt. VW habe Fahrzeuge mit manipulierten Abgaswerten in den Verkehr gebracht und die Manipulationen verschwiegen. Volkswagen habe dabei aus Gewinnstreben und um den Preis der bewussten Täuschung und Benachteiligung der Kunden gehandelt. Ein Käufer dürfe davon ausgehen, dass ein Fahrzeug den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Durch die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung seien die Fahrzeuge mangelhaft, so das Gericht.
Das Handeln von VW sei auch sittenwidrig gewesen. Die Manipulation von Abgaswerten sei nicht nur eine „Schummelei“, eine „lässliche Sünde“ oder ein „Kavaliersdelikt“ stellte das LG Mönchengladbach klar. Sie sei in etwa so verwerflich wie in der Vergangenheit die „Beimischung von Glykol in Wein oder von Pferdefleisch in Lasagne“, fand das Gericht deutliche Worte. Das Verhalten wiege außerdem umso schwerer, da für viele Verbraucher der Kauf eines Pkw eine Entscheidung von erheblichem Gewicht mit entsprechenden finanziellen Belastungen sei. VW habe die Ahnungslosigkeit der Verbraucher bewusst zum eigenen Vorteil ausgenutzt.
VW könne sich auch nicht darauf zurückziehen, dass der Vorstand von den Abgasmanipulationen keine Kenntnis hatte. Angesichts des Umfangs und der großen wirtschaftlichen Bedeutung sei dies nur schwer vorstellbar. Wenn der Vorstand nichts von den Manipulationen gewusst haben sollte, habe er dann gegen gesetzliche Compliance- und Organisationsvorschriften verstoßen und müsse sich das Verhalten seiner Mitarbeiter zurechnen lassen.
Daher muss VW den Tiguan der Klägerin nun zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten. Für die gefahrenen ca.88.000 km mit dem Fahrzeug muss sich die Klägerin allerdings einen Nutzungsersatz in Höhe von ca. 9.000 Euro anrechnen lassen.
„Das Landgericht Mönchengladbach hat mit deutlichen Worten klar gemacht, dass VW sich im Dieselskandal nicht aus der Verantwortung stehlen kann, sondern im Abgasskandal zu Schadensersatz verpflichtet ist. Diese Auffassung wird von vielen Landgerichten und auch Oberlandesgerichten geteilt. Daher stehen die Chancen, Schadensersatzansprüche gegen VW durchzusetzen, besser denn je“, so Rechtsanwalt Dr. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal. Forderungen können in der Regel noch bis Ende 2019 geltend gemacht werden.