Musterklage gegen VW - OLG Braunschweig hat Zweifel
Ziele der Musterfeststellungsklage wackeln
Am 30. September 2019 eröffnet der 4. Zivilsenat des OLG Braunschweig das Musterfeststellungsverfahren gegen VW. Doch die Klage wackelt schon, bevor das Verfahren überhaupt eröffnet wurde.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat die Musterfeststellungsklage gegen VW eingereicht. Wichtigstes Ziel der Klage ist die Feststellung, dass Volkswagen die Käufer durch die Abgasmanipulationen vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat und deshalb zum Schadensersatz verpflichtet ist. Außerdem soll geklärt werden, ob VW den Kaufpreis bei Rückgabe des Fahrzeugs in voller Höhe ersetzen muss oder ob eine Nutzungsentschädigung anzurechnen ist bzw. ob der Autohersteller Schadensersatz leisten muss.
Mehr als 400.000 Verbraucher haben sich der Musterklage gegen VW angeschlossen, doch das OLG verpasst ihren Hoffnungen schon jetzt einen herben Dämpfer. In einem Beschluss vom 3. Juli 2019 wies der 4. Zivilsenat darauf hin, dass er Zweifel an den Feststellungszielen der Musterklage habe. Einige der Feststellungsziele könnten zu weit gefasst und daher unzulässig sein. In einem Musterfeststellungsverfahren könnten lediglich konkrete Tatsachen- und Rechtsfragen geklärt werden, die für die Ansprüche der Verbraucher maßgeblich seien.
„Nach Ansicht des OLG Braunschweig sprengen die Feststellungsziele der Musterklage zum Teil schon jetzt den gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen. Da darf man sich schon fragen, was von der Musterklage am Ende noch übrigbleibt und ob überhaupt grundsätzlich über den Schadensersatzanspruch der geschädigten Autokäufer entschieden wird. Sicher scheint nur, dass das Verfahren viel Zeit in Anspruch nehmen wird und die betroffenen Fahrzeuge während dieser Zeit weiter an Wert verlieren“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.
Wie eine Entscheidung in dem Musterverfahren am Ende aussieht, ist ohnehin völlig offen. Sicher ist, dass sich der Gerichtsstandort Braunschweig im Abgasskandal nicht gerade als verbraucherfreundlich erwiesen hat. „Die Oberlandesgerichte Köln, Karlsruhe, Koblenz und Hamburg haben in den vergangenen Wochen für sehr verbraucherfreundliche Urteile gesorgt. Das OLG Braunschweig äußert hingegen seine Zweifel an den Feststellungszielen. Vor diesem Hintergrund sollten Verbraucher, die sich der Musterklage angeschlossen haben, die Möglichkeit in Betracht ziehen, sich aus dem Klageregister wieder abzumelden und die Ansprüche in einer Einzelklage durchzusetzen“, so Rechtsanwalt Dr. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.
Aufgrund der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung erscheint die Einzelklage erfolgversprechender und führt auch wesentlich schneller zum Ziel als die Musterklage. Abmeldungen von der Musterklage sind bis zum 30. September möglich. Die Verjährung der Ansprüche ist dann noch sechs Monate gehemmt.